Wann und wie muss der Arbeitgeber abmahnen?

Arbeitsrecht

  • Lesedauer: 2 Min.
Verletzt der Arbeitnehmer seine Pflichten im Verhaltens- und Leistungsbereich, ist grundsätzlich eine Abmahnung erforderlich, bevor der Arbeitgeber eine Kündigung erklären kann. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer hinreichend Gelegenheit und Zeit geben, sein Verhalten zu verändern.

Darauf verweist der Fachanwalt für Arbeitsrecht Prof. Dr. Jürgen Nagel von der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft (DASV).

Handelt es sich um eine Pflichtverletzung im Vertrauensbereich, ist eine Abmahnung grundsätzlich entbehrlich. Dazu gehören Straftaten des Arbeitnehmers wie zum Beispiel

- Diebstahl

- Unterschlagung

- Annahme von Schmiergeldern

- Erschleichen oder Ändern von

Bescheinigungen zur Arbeitsunfähigkeit

- Tätlichkeiten gegenüber dem Arbeitgeber

- grobe Beleidigungen von Vorgesetzten oder Arbeitgebern

- unsittliches Verhalten gegenüber Mitarbeitern oder Auszubildenden

- Verrat von Betriebsgeheimnissen

- schwere Verstöße gegen das Wettbewerbsverbot

Eine Abmahnung ist deshalb entbehrlich, weil sie im Regelfall weder geeignet noch in der Lage ist, die Störung des Vertrauensverhältnisses zu beseitigen.

Demgegenüber ist auch im Vertrauensbereich eine Abmahnung erforderlich, wenn zum Beispiel der Arbeitnehmer mit vertretbaren Gründen annehmen durfte, sein Verhalten sei nicht vertragswidrig oder werde vom Arbeitgeber nicht als erheblich angesehen, weil es beispielsweise vom Arbeitgeber geduldet wurde. Das typische Beispiel ist das Dulden unerlaubter privater Telefongespräche vom Dienstapparat, die der Arbeitnehmer nicht bezahlt.

Abmahnung formfrei erteilen, sie ist auch mündlich möglich

Die Abmahnung ist formfrei. Sie kann zwar auch mündlich erklärt werden, sollte jedoch aus Beweisgründen immer schriftlich erfolgen. Sie muss nicht als »Abmahnung« bezeichnet werden.

Der Arbeitnehmer muss der Abmahnung aber zweifelsfrei entnehmen können, was ihm vorgeworfen wird. Schlagworte wie »Störung des Betriebsfriedens«, »Unzuverlässigkeit« oder »mangelnde Arbeitsbereitschaft« reichen nicht aus.

Der Arbeitgeber muss die gerügten Vorfälle einzeln und konkret mit Datum und gegebenenfalls auch mit Uhrzeit schildern. Er muss deutlich darauf hinweisen, dass bei wiederholten Vertragsverstößen Inhalt oder Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist.

Vereinzelt ist in Tarifverträgen vorgeschrieben, dass der Arbeitnehmer angehört werden muss, bevor die Abmahnung in die Personalakte aufgenommen wird. Der Arbeitgeber sollte den Arbeitnehmer auch anhören, selbst wenn ein Tarifvertrag das nicht vorsieht. Tut der Arbeitgeber das nicht, läuft er Gefahr, dass die Abmahnung wegen fehlender Anhörung formell unwirksam ist.

In jedem Falle, so empfiehlt der Rechtsexperte Prof. Dr. Jürgen Nagel, sollten sich die Betroffenen Rechtsrat einholen und gegebenenfalls auch auf Rechtsbeistand nicht verzichten.

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