Werbung

300 Kliniken droht Schließung

Studie sieht Insolvenzgefahr vor allem bei kommunalen Krankenhäusern

  • Silvia Ottow
  • Lesedauer: 2 Min.
Fast jedem sechsten Krankenhaus soll nach einer Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung die Pleite drohen. Die Untersuchung wurde gestern in Berlin vorgestellt.

300 von insgesamt 2064 Kliniken in Deutschland seien in kritischer Lage und könnten nicht mehr über Jahre weitergeführt werden, sagte Studienautor Boris Augurzky vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung bei der Vorstellung seiner Untersuchung auf dem Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit in Berlin. Als Gründe gab er steigende Löhne und Energiekosten sowie Strukturprobleme an. Für 15 Prozent der Häuser bestehe Insolvenzgefahr. Besonders betroffen seien kleine kommunale Kliniken.

Schlecht schneiden dem »Krankenhaus Rating Report 2012« zufolge Häuser mit geringerer Qualität und weniger zufriedenen Patienten ab. Am besten ist die Wirtschaftslage der Kliniken in Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Nordrhein-Westfalen. Im Mittelfeld liegen Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.

Auch künftig, so die Forscher, würden die Krankenhauskosten stärker steigen als die Erlöse. Kleine Häuser mit großem Angebot und wachsenden Ausgaben hätten immer weniger Zukunft. Die gesetzlichen Krankenkassen sehen die Lage nicht so dramatisch. »Wenn einzelne, unrentable Kliniken schließen, ist die Versorgung angesichts der hohen Krankenhausdichte insgesamt nicht in Gefahr, auch wenn es im Einzelfall etwa auf dem Land längere Wege bedeuten könnte«, sagte Verbandssprecherin Ann Marini. Die Krankenkassen hatten in der Vergangenheit ungerechtfertigt hohe Abrechnungen der Kliniken beklagt, das Vornehmen überflüssiger Operationen sowie den Abschluss von Chefarztverträgen, die eine hohe Zahl besonders teurer Eingriffe belohnt. Damit hatten sie sich den Zorn der Krankenhäuser zugezogen.

Am schwierigsten schätzt die Studie die Lage in Hessen, Baden-Württemberg und Niedersachsen/Bremen. Dort gebe es aber eine große Dichte an Kliniken. Die mit 18 Prozent höchste Insolvenzgefahr bestehe für Häuser in öffentlicher Trägerschaft. Das sind rund ein Viertel der Kliniken. Die anderen sind freigemeinnützig oder privat organisiert. Kritiker der schwarz-gelben Gesundheitspolitik mahnen seit langem den Trend zur Privatisierung an, dem eine größere Ausbeutung des Personals und die verstärkte Spezialisierung auf gewinnträchtige Eingriffe folgt. Zwischen 2010 und 2020 rechnen die Experten mit einem zahlenmäßigen Anstieg der im Krankenhaus behandelten Fälle um 13 Prozent, alterungsbedingt seien aber nur fünf Prozent. Der »Krankenhaus Rating Report 2012« basiert auf einer Stichprobe von knapp tausend Klinik-Jahresabschlüssen. Jährlich werden in den Krankenhäusern 18 Millionen Patienten behandelt.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal