Von einer Uniform in die andere

Deutsche Bahn sucht Personal bei Bundeswehr, Bundesarbeitsagentur und Ruhrkohle

  • Erich Preuß
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Deutsche Bahn hat Personalprobleme. Mit Hilfe von verbesserter Planung, Werbung und Kooperationen will sie Arbeitskräfte gewinnen.

Für Arbeitssuchende ist die Nachricht erfreulich: Die Deutsche Bahn stellt wieder ein. »In den nächsten zehn Jahren sollen es 75 000 Menschen sein, die in dem Verkehrsunternehmen einen Arbeitsplatz finden: Schüler, Studenten, Berufserfahrene und auch am Arbeitsmarkt besonders Benachteiligte«, sagt Ulrich Weber, Vorstand für Personal.

Den Umschwung in der Unternehmenspolitik, der die Bahn aus der prekären Lage fehlender Lokführer, Fahrdienstleiter und anderer Kräfte führen soll, begründete Weber mit den rückläufigen Geburtenzahlen. Es sei schwierig geworden, geeignete Bewerber zu finden. Die Folgen seien allenthalben spürbar - viele Überstunden und sogar der Ausfall von Zügen. Die Eisenbahnergewerkschaften sehen die Ursachen dafür allerdings eher in Managementfehlern sowie im plan- und sinnlosen Abbau von Arbeitsplätzen. Auch die Bahn gesteht ein, bis vor drei Jahren trotz beständiger Forderungen der Gewerkschaften keine »strategische Personalplanung« betrieben zu haben, so dass der Überblick darüber fehlte, wo welcher Personalbedarf besteht.

Bereits 2011 hatte die Bahn über 10 000 Stellen mit externen Kräften besetzt, bis Ende Mai 2012 kamen noch einmal 4600 hinzu. Das Programm »Chance plus«, das Jugendliche ohne entsprechende Ausbildungsreife auf den Beruf vorbereitet, wird als erfolgreich verbucht. Drei von vier Jugendlichen konnten übernommen werden. Mit der Bundeswehr und der Ruhrkohle AG wurden Vereinbarungen getroffen, überzählige Kräfte für eine Ausbildung beispielsweise als Lokomotivführer oder Fahrdienstleiter zu übernehmen.

Doch das genügt anscheinend nicht, zumal sich für die Deutsche Bahn das Problem ergibt, dass sie sich zwar mit Hunderten Berufsbildern als »extrem attraktiv« empfindet, wie Personalvorstand Weber feststellte, außerhalb des Konzerns jedoch als wenig anziehend gilt. An der Schichtarbeit und an der Vergütung soll es nicht liegen, angeblich seien alle Mitarbeiter damit zufrieden. Bleiben folglich nur das äußere Erscheinungsbild und das Negativimage als Gründe dafür, dass bei der Bahn die Bewerber ausbleiben.

Der Bahnvorstand und die Bundesagentur für Arbeit (BA) wollen das nun ändern. Die Bahn will ihre Attraktivität »nach draußen tragen« und organisiert - wie weiland in der DDR, als die Reserven in der »nichtarbeitenden Bevölkerung« erschöpft waren -, Informationsveranstaltungen für Schüler, Tage der offenen Türen für Schulklassen sowie Paten für die Berufswerbung an den deutschen Schulen. Die Bundesagentur kommt der Bahn ebenfalls entgegen, zumal erstere ohnehin Schwierigkeiten hat, die Schüler in Betrieben unterzubringen. Zu den jährlich bis zu 70 000 Schulabgängern ohne Abschluss kämen laut BA-Vorstand Raimund Becker noch rund 100 000 junge Menschen mit Friktionen, also Reibungen, beim Wechsel von der Schule in den Betrieb hinzu.

Den bahninternen Arbeitsmarkt soll die Kooperationsvereinbarung zwischen Bundesarbeitsagentur und Deutscher Bahn allerdings nicht benachteiligen. »Zuerst wird im Konzern vermittelt!«, bekräftigt Ulrich Weber.

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