Neuregelung im Steuervereinfachungsgesetz
Aufwendungen im Krankheitsfall
Nach § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Hierzu können auch Aufwendungen im Krankheitsfall gehören.
Bestimmte Krankheitskosten, bei denen die medizinische Notwendigkeit nicht offensichtlich ist, dürfen allerdings nur noch berücksichtigt werden, wenn der Steuerpflichtige ihre Zwangsläufigkeit zum Beispiel durch ein amtsärztliches Gutachten nachweist. Eine entsprechende gesetzliche Regelung (§ 33 Abs. 4 EStG und § 64 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung) hat der Gesetzgeber durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 eingeführt.
Gesetzgeber reagierte auf langjährige Rechtsprechung
Der Gesetzgeber hat damit auf die Änderung einer langjährigen Rechtsprechung reagiert. Der BFH hatte 2010 dem seit jeher verlangten formellen Nachweis mangels einer gesetzlichen Grundlage eine Absage erteilt (siehe BFH Urteile vom 11. November 2010, Az. VI R 17/09 und Az. VI R 16/09 sowie die BFH-Pressemitteilung Nr. 5 vom 19. Januar 2011).
Die Kläger machten unter anderem die Kosten für einen Kuraufenthalt als außergewöhnliche Belastungen geltend. Sie hatten die medizinische Notwendigkeit der Kur jedoch nicht durch ein vor Kurbeginn ausgestelltes amtsärztliches oder vergleichbares Attest belegt.
Finanzamt und Finanzgericht ließen die Aufwendungen deshalb nicht zum Abzug als außergewöhnliche Belastungen zu.
Die Revision der Kläger war ebenfalls erfolglos. Auf die strenge Art des Nachweises kann nach geltendem Recht nicht (mehr) verzichtet werden.
Die nun vom Gesetzgeber geregelten Anforderungen an den Nachweis bestimmter Krankheitskosten sind von der Verfassung her nicht zu beanstanden.
Neue Nachweisregelungen rückwirkend anzuwenden
Auch der Umstand, dass die neuen Nachweisregelungen rückwirkend in allen noch offenen Fällen anzuwenden sind, ist verfassungsrechtlich unbedenklich; darin liegt keine unzulässige Rückwirkung, stellte der Bundesfinanzhof fest.
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