UmFairteilen - aber mit wem?

  • Pedram Shahyar
  • Lesedauer: 3 Min.
Pedram Shahyar ist Attac-Aktivist, und war sieben Jahre Koordinator und Sprecher von Attac.
Pedram Shahyar ist Attac-Aktivist, und war sieben Jahre Koordinator und Sprecher von Attac.

Die Kampagne UmFairteilen, die Attac mit einigen NGOs und Verdi zusammen gestartet hat, war ein großer medialer Erfolg. Wir haben hier einen richtigen Nerv getroffen: trotz Krise und massiver Verarmung von immer größeren Teilen der Bevölkerung bereichert sich die obere 10 % immer weiter. Die Millionen der Millionäre häufen sich, während ein immer größerer Teil der Bevölkerung hier in ständiger Unsicherheit lebt und unzählige Millionen im Süden Europas in verzweifelte Armut geschickt werden. Die Krise des globalen Kapitalismus ist ein Klassenkonflikt, das wird immer offensichtlicher. Das Thema Reichtum in den Wahlkampf zu bringen und zu zuspitzen ist strategisch sehr klug und wir werden dadurch die etablierte Politik gut unter Druck setzen können.

Allerdings war das Problem der öffentlichen Debatte in der letzten Woche die Positionierung von SPD und Grünen. Siegmar Gabriel, der sich als etwas linkere Kandidat gegen Steinmeier und Steinbrück in der SPD durchsetzen will, sprang auf diesen Zug und forderte von den Reichen einen »sozialen Patriotismus«: sie sollen sich an den Lasten beteiligen. Auch die Grünen schlossen sich diese Forderung an. Jetzt kann man sich freuen, dass man die Oppositionsparteien diskursiv vor sich hintreibt, und dass die SPD unsere Forderung aufgegriffen hätte. Doch hier gibt es mehr Gefahren als Chancen, und Attac muss sich von dem rot-grünen Wahlkampf deutlich absetzen.

Denn erstens führen sie die Debatte um Umverteilung in einer gefährlichen nationalen Verengung. Es geht hier nicht um einen Patriotismus, sondern darum, dass die Krisenpolitik in der EU insbesondere im Süden Europas katastrophale soziale Zustände erzeugt hat. Die deutsche Politik zertrümmerte die Lebensgrundlage von Millionen Menschen in Griechenland, und jetzt in Spanien und Italien, um die Einlagen der Banken in diesen Ländern zu sichern. Umverteilung ist also nicht als patriotischer Akt, sondern viel mehr als internationaler Solidarität zu verstehen.

Darüber hinaus haben wir darauf hingewiesen, dass die Umverteilung von unten nach oben eine der wichtigen Ursachen für die Finanzkrise war. Immer mehr Reichtum in Händen immer weniger konnte nur noch in der Finanzsphäre durch immer obskurere Geschäftsmodelle gewinnbringend eingesetzt werden. Diese Umverteilung, und damit einhergehend die Deregulierung der Märkte, um neue, riskantere Geschäftsmodelle zu ermöglichen, wurden am heftigsten unter der rot-grünen Regierung in Deutschland umgesetzt. Unter der Schröder-Fischer Regierung erlebten wir die stärksten Steuersenkungen für die Spitzenverdiener. Die Schröder-Fischer-Regierung nutzte ihre Legitimität der scheinbar sozial-gerechten Alternative, um die heftigsten neoliberalen Umstrukturierungen in der BRD und in Europa anzuleiten. In der aktuellen Debatte um Fiskalpakt zeigen SPD und Grüne, dass sie weiterhin konstant hinter Interessen der oberen 10 % stehen und im Namen der »Europafreundlichkeit« das soziale in Europa zerstören.

Solange sich SPD und Grünen davon nicht absetzen, darf Attac sie nicht als Partner für eine Umverteilungspolitik durchgehen lassen. Nach all dem was sie angestellt haben, versuchen sie nun auf diesem erfolgreichen Zug aufzuspringen, obwohl sie natürlich nicht Teil dieser Kampagne UmFairteilen sind. Diese Geschichte darf sich aber so nicht wiederholen. Attac darf nicht Teil einer Re-Legitimierung von SPD und Grünen werden und ihnen helfen, ihre Oberfläche sozial zu polieren. Deshalb ist es nötig, die Vereinnahmungsversuche von SPD und Grünen zu widerstehen und in der Öffentlichkeit, die wir mit unserer Kampagne gewinnen, noch sehr viel deutlicher auf die Rolle von rot-grüne Regierung als der neoliberaler Rammbock der letzten 20 Jahre hinzuweisen. Ansonsten bekommen wir die Rechnung in einer neuen »Agenda 2020«, und dann hilft es nicht mehr, nochmal »oh das haben wir von Euch nicht erwartet« zu rufen, wenn man es versäumt hat, vorher auf die Gefahren hinzuweisen.

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