Obama beschwört Schicksalswahl und warnt vor Romney

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Charlotte (dpa) - US-Präsident Barack Obama hat seine Anhänger beim Nominierungsparteitag der Demokraten auf eine Schicksalswahl eingeschworen. Die Präsidentenwahl im November sei eine Entscheidung «zwischen zwei fundamental unterschiedlichen Visionen für die Zukunft».

Er könne Amerika aus der Krise führen - falls er in zwei Monaten wiedergewählt werde. Dafür brauche er aber mehr Zeit, sagte Obama (51) am Donnerstagabend (Ortszeit) zum Abschluss des Parteitags der Demokraten in Charlotte (North Carolina).

Immer wieder beschwor Obama in seiner 40-minütigen Rede die Unterschiede zur Politik seines Herausforderers Mitt Romney (65). Dabei versuchte er mehrfach, an die Euphorie vor vier Jahren anzuknüpfen - allerdings zumeist vergeblich. Nur selten wurde seine Rede von längeren Sprechchören «Four more years. Four more years.» (Vier weitere Jahre) unterbrochen.

Erst zum Ende seiner Rede gelang es Obama, echte Stimmung zu entfachen. «Wenn Du an ein Land glaubst, in dem jeder eine faire Chance erhält, und jeder seinen fairen Beitrag leistet, und jeder sich an dieselben Regeln hält, dann brauche ich diesen November Deine Stimme.», rief er den Delegierten zu.

Obama machte klar, dass er in seinen vier Jahren im Weißen Haus nicht alles erreicht habe. «Ich habe nie gesagt, dass diese Reise leicht wird, und das werde ich auch jetzt nicht versprechen(...) Ja, unsere Straße ist länger - aber wir reisen gemeinsam auf ihr. Wir kehren nicht um. Wir lassen niemanden zurück.»

Zugleich machte Obama - der erste schwarze Präsident der US-Geschichte - zahlreiche Versprechen, mit denen er Amerika aus der Krise führen wolle: Bis 2016 sollten eine Million neuer Industriejobs geschaffen werden. Der Export sei in den nächsten zwei Jahren zu verdoppeln. Bis 2020 müssten die Ölimporte halbiert werden. Große Anstrengungen stellte Obama auch beim Sparen und in der Bildung in Aussicht.

Das Romney-Lager meinte in einer ersten Reaktion, Obama wolle dieselbe Politik fortsetzen, die bereits in seiner bisherigen Amtszeit keinen Erfolg gebracht habe. «Er hat mehr Versprechen gemacht, aber die Versprechen der ersten vier Jahre nicht gehalten,» hieß es in einer Erklärung.

Als Obama offiziell seine Nominierung zur erneuten Kandidatur annahm, reagierten die gut 20 000 Anhänger mit tosenden Beifall. Wegen drohender Unwetter fand die Abschlussveranstaltung nicht wie geplant in einem Sportstadion unter freien Himmel statt, in das über 60 000 Menschen gepasst hätten.

Zum Abschluss des Parteitages traten auch Hollywoodstars wie Kerry Washington, Scarlett Johansson und Eva Longoria auf. Auch Caroline Kennedy, die Tochter des 1963 ermordeten Präsidenten John F. Kennedy, sprach kurz zu den Delegierten.

Erneut wandte sich Obama gegen Steuer- und Sparpläne der Republikaner, die massive Einschnitte im Sozialbereich vorsehen. Er verteidigte seine Pläne, die Steuern der Wohlhabenden und Reichen zu erhöhen. Zugleich verwies er auf seine seine Hilfen zur Wiederbelebung der Autoindustrie ebenso wie auf seine Strategie zur Beendigung der Kriege im Irak und in Afghanistan.

Obama machte aber auch klar, dass es mehr «als einige wenige Jahre dauern» werde, um aus der Krise herauszukommen. Doch die Probleme könnten gelöst werden. Obama rief seine Anhänger auf, sich für ihr Land einzusetzen. Es gehe um mehr Arbeitsplätze, die Wirtschaft müsse auf einem «stärkeren Fundament» neu aufgebaut werden. «Das ist es, was wir in den nächsten vier Jahren tun können, und das ist es, weshalb ich mich um eine zweite Amtszeit als Präsident der Vereinigten Staaten bewerbe.»

Mit seinem Auftritt zum Abschluss des Parteitages läutete Obama zugleich die heiße Phase des Wahlkampfs ein. Bereits vor einer Woche hielten die Republikaner ihren Parteitag ab: Ihr Kandidat Romney warf Obama völliges Versagen vor. Er versprach, für ein «besseres Amerika» einzutreten. Außerdem wolle er zwölf Millionen neuer Arbeitsplätze in den nächsten Jahren schaffen.

Die hohe Arbeitslosigkeit und die flaue Konjunktur sind die Hauptthemen des Wahlkampfs. Bereits an diesem Freitag werden neue Zahlen über den Jobmarkt veröffentlicht.

Der Ausgang der Abstimmung am 6. November ist völlig offen. Laut Umfragen liefern sich Obama und Romney seit Wochen ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

Vize-Präsident Joe Biden betonte, dass Obama sein Amt mitten in der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten übernommen habe. Er habe erfolgreich durch die Krise geführt, etwa indem er damals die angeschlagene Autoindustrie gerettet habe. Ungeachtet der Negativ-Rhetorik der Republikaner gelte: «Amerika befindet sich nicht im Niedergang.» Auch im Kampf gegen den Terror habe die Regierung erhebliche Erfolge zu verbuchen. Unter rauschenden Beifall der Delegierten rief Biden: «Bin Laden ist tot und General Motors lebt.»

Unser Autor Max Böhnel berichtet in seinem Blog: US-Wahlkampf 2012 vom Parteitag der Demokraten.

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