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Arbeitszeit und Überstunden, Kindergeld und Bankgeschäfte

Was Azubis wissen sollten

  • Lesedauer: 5 Min.
In diesen Wochen haben Zehntausende Schulabgänger mit ihrer beruflichen Ausbildung begonnen. Was sollten die Azubis dabei wissen? Nachfolgend geben wir Antwort auf Fragen, die im Azubi-Alltag immer wieder auftreten.

1. Arbeitszeit und Überstunden

Wie lange dürfen Azubis täglich höchstens arbeiten, und dürfen sie zu Überstunden verpflichtet werden?

Wer eine betriebliche Ausbildung macht, ist ausschließlich für den Zweck beschäftigt, einen Beruf zu erlernen. Darum erhält ein Azubi am Monatsende auch eine Vergütung und nicht Lohn oder Gehalt. Arbeits- oder Tarifverträge regeln die wöchentliche und tägliche Ausbildungszeit. Sie reicht aus, einem Azubi die Ausbildungsinhalte zu vermitteln. Von einem Azubi kann deshalb nicht verlangt werden, Überstunden zu leisten.

Sofern keine anderen tariflichen Regelungen bestehen, gilt für minderjährige Azubis eine Arbeitszeit von höchstens 40 Stunden wöchentlich und acht Stunden täglich. An einzelnen Tagen sind auch bis zu 8,5 Stunden erlaubt, aber nur, wenn sie an einem anderen Tag der Woche entsprechend weniger arbeiten. Der Chef verstößt gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz, wenn er vom Azubi verlangt, mehr als 8,5 Stunden zu arbeiten.

Für Volljährige beträgt die tägliche Höchstarbeitszeit acht Stunden. Die Ausbildungszeit darf auf maximal zehn Stunden nur verlängert werden, wenn sie innerhalb von sechs Monaten im Schnitt acht Stunden täglich nicht überschreitet. Verlangt man von einem Volljährigen, mehr als zehn Stunden zu arbeiten, verstößt der Chef gegen das Arbeitszeitgesetz.

Nur in absoluten Notfällen (bei Havarien zum Beispiel) darf der Chef die Regelungen übergehen. Sind in diesem Fall keine erwachsenen Arbeitskräfte und Azubis da, dann müssen unter Umständen auch minderjährige Azubis sozusagen nach Feierabend mit anpacken. Herrscht im Betrieb dagegen Personalknappheit, dann ist das kein Notfall.

Macht ein Azubi Überstunden, dann kann dies nur freiwillig geschehen. Auch die Überstunden müssen dem Ausbildungszweck dienen. Das heißt, man lernt etwas dabei. Ein Ausbilder muss anwesend sein. Überstunden müssen mit Mehrarbeitszuschlag ausbezahlt oder mit Zeitzuschlag in Freizeit ausgeglichen werden. Wer länger arbeitet, sollte die Stunden genau aufschreiben und sich vom Vorgesetzten abzeichnen lassen. So lassen sich die Überstunden später besser nachweisen.

2. Berufsschulbesuch

Ist der Berufsschulunterricht bezahlte Arbeitszeit?

Minderjährige müssen nach einem fünfstündigen Berufsschultag nicht mehr arbeiten. An einem zweiten Schultag in der gleichen Woche dürfen sie allerdings noch beschäftigt werden.

In vielen Tarifverträgen oder in Betriebsvereinbarungen ist geregelt, dass Auszubildende nach dem Berufsschulunterricht generell nicht in den Betrieb gehen müssen. Auskunft darüber, ob diese Regelung gilt, erfährt der Azubi bei seiner Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) oder beim Betriebsrat.

Doch keine Regel ohne Ausnahme: Volljährige müssen nach dem Berufsschulunterricht meist noch in den Betrieb kommen. Aber nur, wenn tatsächlich noch Zeit von der betriebsüblichen Arbeitszeit vorhanden ist. Für minderjährige wie für volljährige Azubis gilt gleichermaßen: Pausen- und Wegezeiten zählen zur Arbeitszeit.

3. Ausbildungszeit

Kann die übliche Ausbildungszeit auch verkürzt werden?

In der Regel beträgt die Ausbildungszeit drei oder dreieinhalb Jahre. Doch sie muss nicht solange sein. Wer fit ist, kann die Ausbildungszeit um bis zu 18 Monate verkürzen. Das hat Vorzüge: die vorzeitige Übernahme und damit der Anspruch auf das volle Facharbeitergehalt - oder nahtloser Übergang ins Studium.

Die Verkürzung der Ausbildungszeit ist aber nicht etwa eine Sache nur für »Überflieger«. Schon ein Notendurchschnitt von 3,0 reicht, um die Ausbildungszeit zu reduzieren. Die vorherigen Schulabschlüsse oder Qualifizierungen in der entsprechenden Ausbildungsfachrichtung können auf die Ausbildung angerechnet werden.

Aber eine Verkürzung sollte gut überlegt sein. Denn die Verkürzung bringt es natürlich mit sich, dass der Azubi nicht alle Bereiche des Unternehmens kennenlernt. Wichtiges Fachwissen wird womöglich verpasst, wenn man es nicht eigenständig aufarbeitet, um einen guten Abschluss zu erreichen.

4. Ausbildungsverhältnis

Ist das Berufsausbildungsverhältnis auch als Vorbeschäftigung anzusehen?

Nein. Hat vor vielen Jahren einmal ein Berufsausbildungsverhältnis bestanden, kann der Arbeitgeber ein Beschäftigungsverhältnis auch ohne Vorliegen eines Sachgrundes befristen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt hat entschieden, dass ein Ausbildungsverhältnis kein Vorbeschäftigungsverhältnis im Sinne des Paragrafen 14 Abs. 2 Satz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz ist.

Darüber hinaus bekräftigte das BAG eine frühere Entscheidung, wonach eine Vorbeschäftigung auch dann einer sachgrundlosen Befristung nicht entgegensteht, wenn ein früheres Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückgelegen hat (BAG-Urteil, Az. 7 AZR 375/10).

5. Entlohnung

Wonach richtet sich die Entlohnung des Azubis?

Paragraf 17 des Berufsbildungsgesetzes schreibt vor: Auch wenn der Betrieb an keinen Tarifvertrag gebunden ist, muss er seinen Auszubildenden mindestens 80 Prozent des ortsüblichen Tarifs zahlen. Ausbildungsvergütungen unter 80 Prozent vom Tarif sind illegal und rechtswidrig.

Ein Hinweis dazu: Es lohnt sich, genau hinzusehen, ob das eingehalten wird. So haben in einem Unternehmen in Thüringen 13 Azubis des Lehren- und Messgerätewerks Schmalkalden vor Gericht geklagt, weil sie deutlich unter dem gültigen thüringischen Metalltarif von aktuell 842 Euro im ersten Ausbildungsjahr bis 986 Euro im dritten Jahr entlohnt worden sind.

Der Erfolg: Der beklagte Betrieb muss diese Differenz nachzahlen, und zwar bis zu drei Jahre rückwirkend. Nach vier Monaten lenkte das Unternehmen ein - und zwar noch bevor das Arbeitsgericht ein Urteil gefällt hatte.

6. Kindergeld

Besteht weiterhin ein Anspruch auf Kindergeld?

Seit 2012 dürfen Kinder, die sich in der Ausbildung befinden und höchstens 25 Jahre alt sind, unbegrenzt Geld verdienen, ohne dass sich dies auf das Kindergeld oder den Kinderfreibetrag auswirkt. Doch Achtung: Wer unter 25 Jahre alt ist und eine Zweitausbildung macht, darf nicht mehr als 20 Stunden die Woche jobben.

7. Bankgeschäfte

Darf ich als minderjähriger Azubi schon irgendwelche Bankgeschäfte tätigen?

Für viele Bankgeschäfte brauchen Jugendliche die Zustimmung ihrer Erziehungsberechtigten. Steht ein Minderjähriger bereits in einem Arbeitsverhältnis (nicht nur in einer Berufsausbildung) und haben die Eltern den Job genehmigt, kann er alle damit verbundenen Rechtsgeschäfte alleine abschließen. Er darf also nicht nur ein Gehaltskonto eröffnen, sondern auch die volle Ausbildungsvergütung bar abheben. Andere Bankgeschäfte wie Überweisungen sind dagegen nur mit dem Einverständnis der Eltern erlaubt.

Nach Infos aus metallzeitung 9/2012

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