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  • Politik
  • Spätere Generationen sollen japanisch-chinesischen Inselstreit lösen

Gerangel um fünf Eilande im Stillen Ozean

  • Dr. SYLVIA-YVONNE KAUFMANN
  • Lesedauer: 3 Min.

Ende Oktober geriet der beinahe vergessene japanisch-chinesische Territorialstreit um eine unbewohnte Inselgruppe im Ostchinesischen Meer ins internationale Rampenlicht. Es geht um fünf Eilande und drei Riffe, japanisch Senkaku, chinesisch Diayütai genannt. Taiwanesen hatten versucht, eine olympische Fackel und die Nationalflagge auf die Inseln zu bringen. Ihr Vorhaben scheiterte jedoch am Eingreifen des japanischen Küstenschutzes.

In der Presse geäußerte Vermutungen über einen Zusammenhang zwischen diesem Vorfall und der von Japan geforderten Rückgabe der vier Südkurilen durch die Sowjetunion entbehren allerdings der Grundlage. Die von Japan beanspruchten Südkurilen sind bekanntlich seit 1945 von der Sowjetunion besetzt. Vielmehr hatte der Zwischenfall vor dem Hintergrund der Versuche der Kaifu-Regierung, japanische Militärangehörige in internationale Konfliktgebiete – namentlich die Golfregion – zu entsenden, bei Nippons ehemaligen

Gegnern aus dem zweiten Weltkrieg Betroffenheit ausgelöst.

Der Konflikt um die Inselgruppe war Ende der 6Oer Jahre ausgebrochen, nachdem Ozeanographen aus Japan, der VR China und Südkorea Untersuchungen über Erdölvorkommen, in, diesem Gebiet vorgelegt hatten. Daraufhin vergab Taipei mit Hinweis auf die Zugehörigkeit der Inseln zu Taiwan Explorationsrechte an die US Pacific Golf Corporation. Dies führte zu scharfen Protesten Japans, das auf seine Besitzrechte verwies. Ende 1970 schaltete sich dann die VR China ein, und seitdem argumentieren Peking und Taipei in trauter Übereinstimmung, daß die Inselgruppe chinesisch sei, da sie auf dem China vorgelagerten Festlandsockel liege.

Japan hält dem entgegen, daß sie zur Ryukyu(Okinawa)-Inselgruppe gehöre. Beide Kontrahenten bemühen überdies die Geschichte als Kronzeugen zur Rechtfertigung ihrer jeweiligen Standpunkte.

Als eine Folge des zweiten Weltkriegs verblieb die Inselgruppe nach 1945 unter US-amerikani-

scher Verwaltung und wurde von der Luftwaffe als Bombenabwurfund Schießgelände genutzt. In den Vereinbarungen mit Japan über die Rückgabe Okinawas im Jahre 1972 hatten die USA das umstrittene Inselgebiet zwar in die Positionsbeschreibung nach Längen- und Breitengraden miteinbezogen, die Inseln aber zum Leidwesen Japans nicht namentlich erwähnt. Amerikanischen Ölgesellschaften wurde die Erschließung von Ölvorkommen in diesem Gebiet verboten. Mit Rücksicht auf den bisherigen Bündnispartner Taiwan und angesichts der auf den Weg gebrachten Annäherung an Peking entschlossen sich die USA in der Inselfrage zur Neutralität. Während der Aufnahme diplomatischer Beziehungen verständigten sich Japan und die VR China im September 1972 darauf, das Inselproblem einfach auszuklammern. Aber bereits 1974 kam es zwischen Tokio und Peking zu Irritationen.

Im April 1978 flammte der Streit erneut auf, als über 100 zum Teil bewaffnete chinesische Fischer^ boote in die Gewässer der Insel-

gruppe vordrangen. Japan sollte zum Abschluß des überfälligen Friedens- und Freundschaftsvertrages veranlaßt werden, Konservative Kreise forderten, daß China als Gegenleistung auf die Inselgruppe verzichten müsse. Aber bereits im Mai 1978 wurde über diplomatische Kanäle Übereinstimmung erzielt, den Inselstreit auf Eis zu legen.

Im Friedens- und Freundschaftsvertrag, der im August 1978 abgeschlossen wurde, blieb das Inselproblem unerwähnt. Der japanische Außenminister Sonoda und Chinas Spitzenpolitiker Deng Xioaping einigten sich, den Inselstreit späteren Generationen zu überlassen. Diesen über zehn Jahre gut funktionierenden Kompromiß griff kürzlich der japanische Chefkabinettssekretär Sakamoto mit Blick auf den jüngsten Zwischenfall wieder auf. Von chinesischer Seite wurde der auch von Japan schon mehrfach diskutierte Vorschlag bekräftigt, die umstrittene Inselgruppe gemeinsam wirtschaftlich zu nutzen. Ob dabei auch Taipei mitspielt, ist eine andere Frage.

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