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Mobilitätshilfe für Ossis

  • Lesedauer: 2 Min.

Irgendwie packen s die Ossis einfach nicht. Da liegt ihnen nach 40jähriger Knechtschaft die ganze Welt zu Füßen, sie könnten die Verheißungen der langentbehrten Freiheit endlich in vollen Zügen genießen - aber was machen sie? Sie hocken stur auf ihrem Gehöft und wollen partout dort Arbeit, wo sie zu Hause sind. Leute, so geht's wirklich nicht, nehmt euch ein Beispiel an den Herren der deutschen Wirtschaft - die kleben auch nicht an der heimischen Scholle, sondern suchen ihr Glück in der Ferne.

Der Herr Doktor Pfuhlmann von der Bundesanstalt für Arbeit ist von den Ossis bitter enttäuscht. Zwar sind sie beruflich „sehr flexibel“ und „durchaus in der Lage, die Branche zu wechseln“, aber an Beweglichkeit hapert's mächtig. Sie verfügen „bei weitem nicht über die regionale Mobilität“ wie ihre westdeutschen Kollegen. Angesichts solch wissenschaftlich belege ter Erkenntnis und der Tatsache, daß erst eine Million Ossis als Pendler oder Übersiedler gen We-

sten zogen, sollte man den arbeitslosen Müttern und Vätern ernsthaft ins Gewissen reden, endlich etwas mehr Eigeninitiative zu entwickeln.

Was hindert sie eigentlich daran, das Ränzlein zu schnüren und auf Wanderschaft zu gehen. Das Wetter ist schön, Deutschland ist es auch, und im Kinderwagen findet sich sicher noch ein Plätzchen für ein paar warme Sachen, falls es kühler wird. Arbeitsämter gibt es schließlich überall in Deutschland und keine Arbeit auch. Da ist es eh egal, wo man sich aufhält; so lernt man wenigstens Land und Leute kennen.

Als Mobilitätshilfe könnte man vielleicht ein kleines Zehrgeld in Aussicht stellen. Es muß ja nicht gleich so üppig ausfallen wie die Ermutigungszulage für die mobilitätsgierigen Import-Beamten, die tollkühn den rauhen Ostwinden trotzen. Ossis sind zur Bescheidenheit erzogen - die machen's bestimmt schon für ein Viertel.

HANNELORE HUBNER

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