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  • Politik
  • Klaus Kobow (62) über den Grenzdienst vor dem Mauerbau und einen Mord, der offiziell „vergessen“ wird

Helmut Just – ein Opfer der Ost/West-Schieber?

  • Lesedauer: 2 Min.

„Wir sind auf dem Wege, die Sowjetzone zurückzuholen, wenn die westliche Welt eine entsprechende Stärke erreicht haben wird.“ Sprach Konrad Adenauer am 16.11.1954. -Hier könne man sich davon überzeugen, wieviel „wahrer Heldenmut der Schutz des ersten sozialistischen Staates auf deutschem Boden vor den Anschlägen des Klassenfeindes erfordert... Ewiges Andenken an die Grenzsoldaten, die ihr Leben für die sozialistische DDR gegeben haben!“ Schrieb Michail Gorbatschow am 16. 4.1986 am Brandenburger Tor ins Gästebuch.

Der Kampf scheint noch nicht beendet, denn von Peter Gauweiler, CSU-Vorsitzender von München und bayerischer Umweltminister, war am 24.1.1993 in der „Welt am Sonntag“ zu lesen: „Aber Umfragen zufolge gibt es zum ersten Mal so etwas wie eine Volks-Solidarität der Ex-DDRler mit der Ex-DDR... Daß ... es andererseits - angesichts allem, was geschah heute noch eine PDS, ein „Neues Deutschland“ gibt und geben darf, ist heller

Wahnsinn. Ein Neuanfang ist so nicht möglich.“

Klaus Kobow (62) aus Neustrelitz, gelernter Bäcker und, 33 Jahre bei der Volkspolizei, gehörte wie Helmut Just zur 2. Kompanie der Grenzpolizei, die auch an der Sektorengrenze im Prenzlauer Berg Dienst tat. Kobow findet es „unmenschlich“, daß der Name

Helmut Just, der am 30.12.1952 nahe der Behm-Brücke von Unbekannten erschossen wurde, einfach vergessen wird.

Als der tödliche Schuß fiel, stand Kobow dreihundert Meter entfernt am Grenzübergang Bornholmer Straße. Kobow glaubt, Just sei das Opfer jener Schieber geworden, „die

mit zwei Taschen Buntmetall aus dem Osten holten und im Westen teuer verkauften“. Vielleicht war's aber auch die „Kampfgruppe gegen die Unmenschlichkeit“ (KgU), die Anschläge gen Osten verübte und wohl nahe des Tatorts einen Stützpunkt hatte.

Daß Just, wie in Westberliner Medien spekuliert, bei ei-

nem Fluchtversuch erschossen wurde, sei „Blödsinn“, denn: „Damals konnte jeder rüber, ich habe selbst ,drüben' Bücklinge gekauft, als es die bei uns nicht gab.“ Kleine Früchte der Freizügigkeit, die später von vielen schmerzlich vermißt wurde.

MARCEL BRAUMANN

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