Warme Übergabe der Erwerbslosen
Arbeits- und Sozialämter üben Schulterschluss Modellprojekte stellten Ergebnisse vor
Das Alfa-Team ist eines von insgesamt 30 Modellvorhaben zur Verbesserung der Zusammenarbeit von Arbeits- und Sozialamt (MoZArt). Zwei Jahre wurden die Vorläufer der künftigen Job-Center vom Bundesarbeitsministerium gefördert, abschließende Ergebnisse trugen sie in den vergangenen zwei Tagen in Berlin zusammen. Zur Zielgruppe gehören Langzeitarbeitslose, die von Arbeitslosen-, Sozialhilfe oder beidem leben. Ihnen soll der Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt erleichtert werden. 65000 Teilnehmer wurden in den zwei Jahren betreut.
Vom Schuldenberg zum Arbeitsplatz
Bevor Rezzo Schlauch, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, gestern den Erfolg der Projekte verkünden durfte, führten Mitarbeiter des MoZArT-Projekts in Köln ein Rollenspiel auf. Dabei wurde Herr Schmitz, ein Vater zweier Kinder, von der Mitarbeiterin des Sozialamtes zur Schuldnerberatung und schließlich von der Fallmanagerin direkt in ein Beschäftigungsverhältnis weitergereicht. Freundlich, verständnisvoll, hilfsbereit war der Ton der Mitarbeiterinnen. Herr Schmitz kam von seinem Schuldenberg runter in einen gut bezahlten Job. Der Idealfall, gaben die Mitarbeiter zu. Dann setzte Rezzo Schlauch ein: »Die Ergebnisse zeigen, dass die Arbeit der MoZArt-Vorhaben insbesondere für die Empfänger von Sozialhilfe und für die Doppelbezieher sehr erfolgreich war.« Dabei stützte er sich auf Ergebnisse des Instituts für Angewandte Sozialwissenschaft (infas), das die MoZArT-Projekte evaluiert hatte. 49Prozent der betreuten Sozialhilfeempfänger hätten in den zwei Jahren einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt gefunden. Bei den herkömmlich arbeitenden Ämtern seien im gleichen Zeitraum nur 39Prozent vermittelt worden. »Die Projekte sollten zeigen, dass eine einheitliche Anlaufstelle für alle Arbeitssuchenden der richtige Weg ist, um Langzeitarbeitslose wirksam zu vermitteln«, erläuterte Schlauch. Auch sei endlich Schluss mit dem Hin- und Herschieben der Hilfebezieher zwischen beiden Ämtern. Vielmehr würden die Probleme der Erwerbslosen individuell angegangen werden.
Die Mitarbeiter des Arbeitsamtes in Stralsund, wo sich die Arbeitslosenquote zwischen 20 und 23 Prozent bewegt, haben sich auf die so genannten Aufstocker konzentriert. Darunter fallen jene, deren Arbeitslosenhilfe nicht zur Existenzsicherung reicht, so dass sie zusätzlich Sozialhilfe benötigen. Laut Gunther Gerner wurden von 1300 Hilfebeziehern 120 auf den ersten Arbeitsmarkt und 96 in ABM und SAM vermittelt, 140 Stralsunder nahmen an Qualifizierungsmaßnahmen teil, 10 begannen eine Ausbildung. Laut Rezzo Schlauch werde der Nachweis erbracht, dass der Vermittlungserfolg von Langzeitarbeitslosen davon abhängt, wie gut Arbeits- und Sozialamt zusammenarbeiten. »Je intensiver der Grad der Verzahnung, desto höher der Erfolg«, sagte er und sprach sich gegen das Unions-Modell aus, das die Verantwortung für das Arbeitslosengeld II bei den Kommunen sehen möchte.
Wer Arbeit ablehnt, wird bestraft
»Fördern und Fordern« - das ist der Slogan, mit dem die Kundschaft konfrontiert wird. Wie lange gefördert und ab wann gefordert wird, eine »zumutbare« Arbeit anzunehmen, »ist gesetzlich genau definiert«, meinte Gerner. Wer einmal eine Arbeit ablehne, die im Rahmen des Zumutbaren sei, dem werde die Hilfezahlung gekürzt. Harte Sanktionen, dennoch aber seien - das ergibt die infas-Untersuchung - die Arbeitssuchenden mit den zusammengelegten Ämtern zufriedener, da sie intensiver beraten und betreut werden. Auch seien die Wege kürzer und unkomplizierter geworden. Mittels einer »warmen Übergabe«, so der Ämter-Jargon, wird der Arbeitssuchende ohne bürokratische Hürden und ohne Komplikationen - das vor allem sollte das Rollenspiel zeigen - von Kollege zu Kollege weitergereicht. »Die MoZArT-Kunden gewinnen nach eigener Einschätzung mehr Klarheit über ihre Zukunft und betonen den Beitrag zu ihrer Lösung«, sagte Schlauch. Und selbst in den Augen der Amts-Mitarbeiter sei die Zusammenlegung ein Erfolg. Bei einer Befragung von über 2000 Mitarbeitern setzten sich alle für die intensive Kooperation zwischen den Ämtern ein.
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