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Der letzte Spezialknoten von Jack Unterweger

Spektakulärer Selbstmord beherrscht Wiener Boulevardpresse / Mysteriöse Botschaften

  • Lesedauer: 2 Min.

Von HANNES HOFBAUER, Wien

Wiens Boulevardblätter sind in ihrem Element. Was gibt es auch begehrlicheres als einen vielfachen Frauenmörder, der sich in der Nacht nach der Urteilsverkündung in seiner Zelle erhängte. Noch dazu mit einem jener Spezialknoten, der elf Prostituierte in Wien, Bregenz, Graz, Prag und Florida erdrosselte - mutmaßen die Gerichtskibitze.

1976 erhielt Unterweger lebenslang. Ihm konnte der Mord an einer Salzburger Prostituierten nachgewiesen werden. In der Strafanstalt Stein begann er zu schreiben. Mit seinem autobiografischen Roman „Fegefeuer“ schrieb er sich auf die Kulturseiten der Lifestyle-Magazine. Kulturredakteure setzten sich für seine Freilassung ein.

Nach 15 Gefängnisjahren entlassen, heuerte Unterweger 1990 als Journalist beim ORF

an, schrieb ein Theaterstück und ließ sich von Wiens Schikkeria verwöhnen. Bald galt sein Lebenslauf als Synonym für geglückte Resozialisierung. Seine neuerliche Verhaftung im Februar 1992 stellte das Justizsystem vor eine harte Belastungsprobe; die Stimmen, welche den liberalen Strafvollzug als ganzes auf dem Prüfstand sahen, verstummten nicht. Ehemalige Mitgefangene betonten, Unterweger sei ein klassischer Fall von Polizeiopfer

Der Urteilsspruch am 28. Juni setzte den Spekulationen ein Ende: Schuldig in neun von elf Mordfällen. Am Tag des letzten von 32 Prozeßtagen explodierte eine Plastiksprengstoffbombe an der Außenwand des Grazer Landesgerichtes. Mysteriös Unterwegers letzte Botschaften: Ein kurz vor dem Selbstmord besprochenes Tonband hat laut Staatsanwaltschaft keine neuen Erkenntnisse gebracht. Und sein letzter Knoten gibt Anlaß für allerlei Spekulationen.

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