Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

SPD plustert und spreizt sich im Visier

Lex PDS - vergeblicher Versuch der Sozialdemokraten, sich der CDU anzubiedern Von HELFRIED LIEBSCH

  • Lesedauer: 3 Min.

Es gibt immer noch eine Steigerung in dem grotesken Polit-Spektakel. Je verwegener sich die SPD-Spitze als Töter des Drachens PDS gebärdet, desto lauter tönt es aus christdemokratischem Politikermunde: Siegfried will gar nicht, er hat ein Verhältnis mit dem Drachen! Gestern verstieg sich „Bild“ unter der Dachzeile „Und sie lieben sich doch“ zu dem originellen Titel „SPDS“

Natürlich ist kein CDU-Politiker und kein linientreuer Blattmacher töricht genug zu glauben, es stünde eine Vereinigung der beiden Linksparteien in naher Zukunft auch nur zur Debatte. Zumal die PDS, so scheint's jedenfalls, eher den Sozialdemokraten und Grünen als der CDU oder FDP ein Dorn im Auge ist. Was da gestern im SPD-Vorstand zur PDS beschlossen wurde, ist mehr als lächerlich. Den Genossinnen und Genossen wird verboten, mit der PDS Koali-

tionen auf Bundesebene und es lebe der Zentralismus! - auf Landesebene einzugehen. Lediglich miteinander reden dürfen die Abgeordneten noch. Eine verstaubte Lex PDS.

Es ist tatsächlich ein Wahlkampfpapier, was der SPD-Bundesgeschäftsführer Günter Verheugen vorgelegt hat. Die Partei plustert sich auf und spreizt sich. Im Visier der CDU. Sie macht sich immer angreifbarer, immer verwundbarer Sie ist immer besser zu treffen. Scharping bringt sich selbst um die Rolle, die er zwar nicht de jure, aber de facto spielen könnte: Oppositionsführer.

Für die CDU läuft alles glänzend, sie selbst braucht sich weder in Auseinandersetzungen mit der SPD noch mit der PDS zu verschleißen, wenn sie die SPD in die Schlacht gegen die PDS schickt. In die Falle sind die Sozialdemokraten deshalb blind getappt, weil sie vermuten, daß die ausgegrenzten PDSler in ihrem langjährig ge-

schultem Anlehnungsbedürfnis sich nun in die Arme der Sozialdemokratie werfen. Möglicherweise ein Irrtum. Zumal die CDU lange vor der SPD ihre Reihen für SED-Mitglieder geöffnet hat.

Der CDU geht es den Teufel darum, die Einheit und Reinheit bundesdeutscher Demokratie zu wahren, sondern schlicht darum, an der Macht zu bleiben. Nicht von ungefähr wird jede SPD/PDS-Abgrenzungsbeteuerung abgeschmettert mit dem stereotypen: „Aber in Magdeburg...“ Sachsen-Anhalt, das ist der eigentliche Sündenfall.

Womit wir bei den wirklichen Leidtragenden der Linksparteiphobie der westdeutschen Sozialdemokratie wären. Der Hamburger Bürgermeister Henning Voscherau hat zweifelsfrei recht, wenn er die SPD-interne Diskussion über den Umgang mit der PDS als eine „bevormundende Wessi-Debatte“ kritisiert. Den

25 000 Genossen in den neuen Bundesländern ist mit dem realitätsfernen Verheugen-Papier ein Bärendienst erwiesen. Es macht schon einen großen Unterschied, ob man gedenkt, eine Zwei- oder eine Zwanzig-Prozent-Partei auf politischem Wege überflüssig zu machen.

Wenn in den vergangenen Tagen die Spitzenleute der Ost-SPD öffentlich ihre Bedenken gegen das Verheugen-Papier angemeldet haben, dann redeten sie pro domo. Vernünftiges abzulehnen, nur weil es von der Schmuddel-Partei ins Parlament eingebracht wurde, läßt sich den Wählern nur schwer erklären. Zudem gibt es ein verständliche Abneigung dagegen, sich den Befehlen von oben zu beugen. Auch dann nicht, wenn oben momentan in Bonn statt in Berlin ist.

Vielleicht gibt wenigstens der Kübel Spott, mit dem gestern die CDU den neuerlichen Anbiederungsversuch der SPD beantwortete, zu denken.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal