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Autofahrer nicht das Maß aller Dinge

Sachsen: Mit Nahverkehrsgesetz und Bürgerbegehren Verkehrskollaps begegnen Von MARCEL BRAUMANN, Dresden

  • Lesedauer: 2 Min.

Seit Mittwochabend letzter Woche läuft in Dresden ein Bürgerbegehren zum Erhalt des von Linienstillegungen bedrohten Straßenbahnnetzes. Die Stadtdelegiertenversammlung der PDS beschloß einstimmig die Unterstützung einer entsprechenden Initiative der Stadtvorsitzenden und Landtagsabgeordneten Christine Ostrowski. Dies ist nach dem Votum der Freiberger Bürger gegen die Privatisierung ihres Krankenhauses das zweite erfolgversprechende kommunale Bürgerbegehren in Sachsen binnen kurzer Zeit.

Im dichtbesiedelten Sachsen hat die sprunghafte Zunahme des Autoverkehrs chaotische Verkehrsverhältnisse hervorgebracht. Die frühmorgens typische Fahrzeit stadteinwärts nach Dresden: sieben Kilometer in vierzig Minuten.

Weil es so nicht weitergehen kann - nebenbei: Laut Waldschadensbericht sind, nicht zuletzt bedingt durch Fahrzeugabgase, nur noch acht Prozent der Sachsen-Eichen gesund -, hat die SPD-Landtagsfraktion einen Gesetzentwurf zur Planung und Finanzierung des öffentlichen Personennahver-

kehrs (OPNV-Gesetz) vorgelegt. Laut Johannes Gerlach, Leiter des Fraktionsarbeitskreises, und dem verkehrspolitischen Sprecher Manfred Plobner will man eine Verkehrspolitik, „die die erstickenden Städte entlastet und bei der die Autofahrer nicht das Maß aller Dinge sind“

Die Selbstzerstörung zum Ziel gemacht haben wohl jene Planer, die in der Landeshauptstadt Dresden ein Drittel des Straßenbahnnetzes einstellen wollen. Das beabsichtigen die PDS-Landtagsabgeordneten Christine Ostrowski

und Heiko Hilker sowie der PDS-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Ronald Weckesser, nicht hinzunehmen. Mit einem Bürgerbegehren soll erzwungen werden, daß „das gegenwärtige Straßenbahnnetz der Stadt Dresden unbedingt zu erhalten und auszubauen“ ist. In den ersten 72 Stunden kamen bereits 2 000 Unterschriften zusammen. Fünf Prozent der Wahlberechtigten von Dresden (18 000) müßten das Begehren unterschreiben, damit sich der Stadtrat damit auseinanderzusetzen hat. Lehnen die Volksvertreter ab, bliebe der Weg des Bürgerentscheids. Stimmen mehr als die Hälfte der Teilnehmer mit „Ja“ und beträgt die Zahl der „Ja-Sager“ mindestens 25 Prozent aller Wahlberechtigten, wären die Stillegungspläne beerdigt. Frau Ostrowski ruft dazu auf, dieses Mittel im Notfall flächendekkend für die Rettung des Nahverkehrs einzusetzen.

Unterdessen steht allerorten die weitere Erhöhung der Fahrpreise an. So bleibt das Auto auch innerhalb der Städte, wo es gerade gezügelt werden soll, für viele Bürger konkurrenzlos. Um den Schienennahverkehr zum 1. Januar 1996 zu regionalisieren, müssen die Bundesländer durch eigene Gesetze den Trägern des ÖPNV Planungssicherheit verschaffen. So soll laut SPD-Gesetzentwurf den kreisfreien Städten und Kreisen die Unterdeckung der Verkehrsunternehmen auf vertraglicher Grundlage erstattet werden. Dabei gehe es auch um eine Nahverkehrsabgabe, von den Kommunen etwa in Form obligatorischer ÖPNV-Monatskarten für jeden Autobesitzer erhebbar. Sie könnte einen Anreiz zum Umsteigen bedeuten, wenn das Geld in eine spürbare Verbesserung des ÖPNV-Angebots investiert wird.

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