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Weichkohl

  • Frank Wehner
  • Lesedauer: 2 Min.

Kultur der Zurückhaltung, so wurde einst gelobt, will das vereinte Deutschland pflegen. Doch viel kam bisher nicht dabei heraus. Nun aber, als Kohl mit Chirac zusammentraf, war eine Sternstunde zu erleben. Welch vornehme Bescheidenheit, welch weicher, zarter Kohl!

Nur leider, nobody isperfect: Beim Anlaß, einmal recht modest zu werden, hat der Kanzler sich vertan. Ausgerechnet die irren Nuklaerversuche Frankreichs ließen ihn verstummen. Wo selbst ein Ministaat wie Kiribati keine Furcht, keine Beschränkung kennt, verschlägt es der Nummer eins Europas glatt die Sprache. Die Maus, die brüllt. Der mächtige Adler aber hält den Schnabel.

Gleich mehrfach handelt Chirac unverzeihlich: Er setzt das nukleare Rüsten fort, ermuntert^, Schurken, die Atomwaffen erstreben. Er begeht ein ökologisches Verbrechen, und wie sein Kurs zur gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU paßt, die Bonn sich wünscht, ist auch nicht zu erklären.

Kohl jedoch .spricht nur am Rande unter Freunden an“. Der sonst so muntere Kinkel läßt verlauten, daß er .nicht glücklich“ ist. und Rühe interessiert die Chose nicht.

Warum die Abstinenz? Weil Deutschland, als führender Todeshändler beispielweise, nicht aus dem Glashaus Steine werfen will? Das wäre edel und scheidet deshalb als Begründung aus. Weil Chirac sowieso nicht hören würde? Nun. man soll Deutschlands Gewicht nicht größer machen, als es ist, doch auch nicht kleiner.

Wie man's auch dreht, es bleibt nur eins: Mururoa wird gar nicht als wirklich schlimm empfunden. Mehr noch: Es könnte Leute geben, die. von atomarer Mitverfügung träumend, hoffen, daß sie von den Tests in Zukunft profitieren. Frankreich sät Drachenzähne,' und Deutschland erntet - o Kohl, nun sag doch endlich was!

FRANK WEHNER

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