„Hohler Vogel“ mit dicken Wänden
Der Rote Turm war Mitte des 19. Jahrhunderts aus Klinkern auf dem Sockel eines 1430 als Bestandteil der Stadtmauer entstandenen Wehrturmes errichtet worden. Der im Original erhaltene Sockel aus Kalk- und Werkstein hatte Mauerstärken von über zwei Metern und einen Durchmesser von reichlich 12 Metern. Die Faber Bauunternehmen GmbH (Gießen) hatte das Gebäude für eine symbolische Mark von der Stadt gekauft und im vorigen Jahr mit der Sanierung begonnen. Presseberichten zufolge zeigten sich schon damals Risse im Mauerwerk. Um dem Turm Halt zu geben, sei zunächst eine Betonplatte auf das oberste Geschoß aufgelegt worden.
Was jedoch im Inneren des Turmes geschah, dazu wollte sich gestern im Jenaer Bauamt auf ND-Nachfrage niemand äußern. Es sollen am Ende aber nur noch die Außenmauern des Gebäudes gestanden haben, die durch, eine Stahlkonstruktion gestützt wurden. Daraufläßt auch die von einer Zeitung zitierte Äußerung von Baudezernent Peter Schulze schließen: „Eine Denkmalsanierung solch eines hohlen Vogels ist immer ein Risiko.“
Fachleute sollen das Bauwerk als sanierungsfähig eingeschätzt haben. Das Statikgutachten stammte von einem bayerischen Prüfstatiker. Werner Faber wollte das Gebäude in ein Bürohaus verwandeln, in dessen ersten beiden Etagen Gaststätten einziehen sollten.
Im Frühjahr war Richtfest gefeiert worden, Ende dieses Jahres sollten die Sanierungsarbeiten, deren Kosten auf drei Millionen Mark geschätzt wurden, abgeschlossen sein.
Nun dürfte die Saalestadt
um ein Kleinod ärmer sein. In ersten Stellungnahmen haben Vertreter des Bauamtes einen originalgetreuen Wiederaufbau als wenig wahrscheinlich bewertet. Vielleicht werde ein ähnliches Bauwerk an dieser
Stelle entstehen, da das Gebäudeensemble wieder geschlossen werden müsse. Während der Rettungsarbeiten umlagerten Tausende Jenaer die weiträumig abgesperrte Unglücksstelle.
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