West-östliche Freundschaft?

Monika Tharann über sinnvolle Verwendung von DSF-Mitgliedsbeiträgen

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Diplom-Sprachmittlerin (48) ist seit 2000 Geschäftsführerin der Stiftung »West-Östliche Begegnungen«.
ND: Ihre Stiftung gibt es genau seit zehn Jahren. Wie ist es zur Gründung gekommen?
Tharann: Sie ist entstanden im Zusammenhang mit der Wende. Das Vermögen der Stiftung stammt aus dem Restkapital der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft (DSF), in die Millionen von ehemaligen DDR-Bürgern Mitgliedsbeiträge monatlich eingezahlt haben. Dieses Geld konnte für den Zweck, für den es gegeben wurde, nämlich für die Freundschaft mit den Ländern der Sowjetunion, bewahrt werden und ist zukunftsgewandt in eine Stiftung eingebracht worden.

Wer sind Ihre Partner?
Wir arbeiten direkt ausschließlich mit Partnern in Deutschland zusammen, Schulen, Jugendeinrichtungen, Vereinen, NGO's, Institutionen, Kirchengemeinden, die partnerschaftliche Beziehungen unterhalten oder diese anstreben mit Menschen aus den GUS-Ländern und den baltischen Staaten. Das sind klassische, so genannte zivilgesellschaftliche Beziehungen.

Schwerpunkt ist die Förderung des Schüler- und Jugendaustausches. Kann man in Zahlen ausdrücken, was Ihnen in den letzten zehn Jahren gelungen ist?
Insgesamt hat die Stiftung bislang rund 2900 Einzelmaßnahmen gefördert und dafür insgesamt 7,1 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Dabei nimmt der Schüler- und Jugendaustausch etwas über die Hälfte ein.

Zweck Ihrer Stiftung, so kann man es nachlesen, ist die Förderung der Völkerverständigung und des Friedens. Spielt es da eine Rolle, dass zumindest eines dieser Länder, die Russische Föderation, an der Seite der USA Krieg führte in Irak?
Die Projektförderung erfolgt politisch unabhängig und auch in jedem Fall unabhängig von dem Tun der jeweiligen Landesregierungen. Wir unterstützen die Begegnungen zwischen Bürgern der genannten Länder. Das hat keinen direkten Einfluss auf die Politik, die von den Regierungen gemacht wird.

Als was für ein Erbe empfinden Sie die historische Hypothek der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft der DDR, aus deren Mitgliedsbeiträgen alle Ihre Gelder stammen, über die Sie jetzt bundesweit verfügen?
Die Hypothek verstehe ich dahingehend, dass die Stiftung seit Jahren sehr zahlreiche kleine Antragsteller unterstützt, die sozusagen für die Zivilgesellschaft stehen, für die Gesellschaft, die es in Deutschland gibt und die sich für freundschaftliche Beziehungen mit dem Osten engagiert. Diese Hypothek versuchen wir in voller Weise umzusetzen und setzen sie auch um, indem pro Jahr 250 bis 350 Projekte der bereits genannten meist kleinen Antragsteller gefördert werden, so dass breite Beziehungen zu den Ländern im Osten möglich sind.

Goethe hat in seinem Westöstlichen Diwan, das klingt ja sehr ähnlich wie Ihr Stiftungsname West-Östliche Begegnungen, im »Buch der Sprüche« geschrieben: »Wer geboren in bössten Tagen, dem werden selbst die Bösen behagen«. Wie viel Böses sehen Sie noch in den Beziehungen zwischen dem Osten und dem Westen?
Wir sehen nichts Böses, ganz im Gegenteil. Wir freuen uns, dass die Zahl der Anträge, die an unsere Stiftung gerichtet werden, von Jahr zu Jahr zunimmt und wir leider mit der Situation konfrontiert sind, dass wir insgesamt nicht mehr Mittel zur Verfügung haben als in den vorigen Jahren. Eher noch weniger, auf Grund der schwierigen wirtschaftlichen Situation. Wir können böse Tage in dieser Art nicht bestätigen. Für uns sind das positive Tage, positive Momente.
Fragen: Hanno Harnisch

Internet: www.stiftung-woeb.de

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