Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Gesundheitsreform, vorläufig letzte Stufe

Sie wünschen?

  • Lesedauer: 3 Min.

Als das Gesundheitswesen noch funktionierte: Operationen der leicht erreichbaren Gehirnlappen nahm damals jeder gut ausgebildete Barbier vor

Collage: Andreas Prüstel

Und wenn etwas Unvorhergesehenes passiert?

Wenn Sie sich an die Anleitung halten, passiert nichts. Und falls doch, dann nehmen Sie den Leitfaden „Erste Hilfe für alle Fälle“ Liegt auch auf dem Regal.

Guten Tag, ich habe heute einen Operationstermin und...

Überweisung?

Die habe ich hier

Diagnose?

Es ist eine chronische Blinddarmreizung. Mein Hausarzt sagt...

Starke Schmerzen?

Gestern abend war es schlimm, im Moment geht es gerade.

Dann rechter Flur, eine Treppe, Kabine 16. Sie haben eine Stunde Zeit.

Wie - eine Stunde? Wofür?

Selbstbehandlung. Das ist bei leichten Fällen üblich. Siebente Stufe der Gesundheitsreform.

Ich soll mich selbst behandeln?

Operieren, junger Mann, operieren. Haben Sie alles mit?

Was mir der Arzt gesagt hat. Handtücher, Laken, Sei-

Jetzt gehen Sie hoch, rechter Flur, eine Treppe, Kabine 16. Wir können uns keine Verzögerung leisten. Mundschutz, Gummihandschuhe, Schere, Nadel und Garn nehmen Sie aus dem Schränkchen neben der Operationsliege. Aber tragen Sie den Verbrauch ins Nachweisheft ein, damit wir das in Rechnung stellen können.

Ich soll mir selber den Bauch aufschneiden?

Wenn Sie es durch den Hals besser können, machen Sie es so. Aber etwas Tempo bitte. Hier müssen am Tag 200 Patienten durch. Höhere Auslastung, dritte Stufe der Gesundheitsreform.

Ich meine, ich habe doch noch nie

Dann wird es Zeit. Wer soll denn Ihre Frau, Ihre Kinder, Ihre Eltern behandeln, wenn nicht Sie? Dritte Phase der vierten Stufe der Gesundheitsreform. So, und jetzt gehen Sie, rechter Flur, eine Treppe, Kabine 16.

Ich weiß doch gar nicht, was ich da machen muß!

Ausziehen, duschen, desinfizieren. Auf dem Regal liegt eine Broschüre „Wie betäube ich mich örtlich?“ Sie machen alles so, wie es da drin steht. Daneben liegt ein Handbuch „Grundwissen der Chirurgie“ Darin finden Sie ein Kapitel über den Blinddarm.

Ist es nicht vielleicht doch besser, wenn ein Arzt...

Ein was? Haben Sie geerbt? Oder größere Ersparnisse? Einen Arzt bekommen Sie für eine Gehirntransplantation, weil da der Patient selber schlecht sieht, was er zu tun hat. Da müssen Sie nur die Instrumente reichen. Fünfte Etappe der achten Stufe der Gesundheitsreform. Aber doch nicht beim Blinddarm, guter Mann.

Aber so ganz ohne Vorkenntnisse, das geht doch nicht.

Wenn Sie wirklich wollen, geht es schon. Sehen Sie mal, irgend so ein anonymer Arzt, der nur auf Ihr Geld scharf ist, was wird der Ihnen großartig helfen? Sie selbst dagegen, Sie haben doch das größte Interesse daran, hier gesund wieder rauszukommen. Oder etwa nicht? Dann unterschreiben Sie mir bitte diese Verzichtserklärung hier. Das würde allerdings bedeuten, daß wir Ihnen unseren Service künftig nicht mehr zur Verfügung stellen können.

Nein, nein, ich will schon. Es ist nur. ich bin so aufgeregt, und wenn ich aus Versehen danebenschneide

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.