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Berlin schwelgt in Tele-Visionen

Fernseh-Festival will TV-Innovationskraft zeigen Von Peter Fux

  • Lesedauer: 3 Min.

Heute startet in Berlin eine neue Art Fernsehfestival: »Televisionen unter freiem Himmel«.

Gerd Fittkau, Promoter des Fernsehfestivals, versteht sein Handwerk. »Wir zeigen die interessantesten Filme und holen die spannendsten Köpfe der Fernsehszene nach Berlin«, verkündet er Sechs Wochen lang wollen Fittkau und sein Mitstreiter, der Filmkritiker Kraft Wetzel, zeigen, »wie innovativ TV sein kann, wenn man es nur läßt«.

An Prominenz mangelt es dabei nicht. Den Anfang macht diesen Freitag um 21.30 Uhr der frischgebackene Grimme-Preisträger Oliver Kalkofe. Seine »Mattscheibe«, jeden Sonntag 20 Uhr beim Abo-Kanal Premiere zu sehen, ist das Äu-ßerste, was an Satire im Fernsehen möglich ist - zumal es sich um Kollegenschelte

handelt. Rücksichtslos nimmt der Satiriker die peinlichsten und schlechtesten Sendungen der Woche aufs Korn. In Berlin zeigt er die besten »outakes«: Szenen, die zwar produziert, aber nicht ausgestrahlt wurden.

Offensichtlich die Grenzen des Sendbaren überschritten hat Ulrich Seidl mit seinem Film »Tierische Liebe«, der am 2. August das Festival beendet. Nicht zufällig. »Tierische Liebe« ist derartig direkt und offen, daß das Anschauen Unbehagen bereitet. Mag das Thema »Verhältnis zwischen Mensch und Tier« harmlos klingen, die gezeigten Zungenküsse, die Pettingszenen zwischen »Herrchen und Hund«, die ins groteske gesteigerte Fürsorge fürs Haustier sind einfach widerlich. Kein Wunder, daß der ORF den Film zwar finanziert, auf eine Ausstrahlung dieses »grauslich häßlichen Films«, so der ORF-Kulturchef; aber verzichtet hat.

Akzeptanzprobleme muß Janina Lapiskaite nicht fürchten. Ihr Manko liegt in ihrer Nationalität. Weil Produktionen

aus Litauen Quotenkiller sind, findet sie für »Aus der Geschichte der Elfen«, keinen deutschen Abnehmer. Das Porträt dreier Liliputaner, am 12. Juli im Programm, ist nicht nur wunderschön, es zeigt auch, daß Nahaufnahmen von alten und verhärmten Gesichtern nicht unbedingt voyeuristisch, sondern liebevoll, gar zärtlich sein können.

Star der Filmabende wird Peter Greenaway sein, der seinen Beitrag »Making a Splash«, ein bislang wenig bekanntes Essay über Wasser, am 5. Juli persönlich vorstellen wird. Auf Greenaways Auftritt darf man gespannt sein, schließlich hat der Engländer mit »The Pillow Box« gerade wieder einmal bewiesen, wie unwichtig ihm selbst die Konventionen und Begrenzungen des Kinofilms sind. Doch was ist der Fernseher gegen eine Kinoleinwand? Eine Frage, die sich auch das Publikum stellen wird, das möglichst zahlreich ins Freiluftkino gehen soll.

»Televisionen« ist nämlich nur das Vorspiel zum großen Fest, das Fittkau und Wetzel nächstes Jahr zur Funkausstellung planen. Dabei soll das »erste öffentliche Fernsehfestival in Europa« starten. »Dann geht es nicht mehr nur um die interessantesten Köpfe«, meint Fittkau selbstsicher, »dann setzen wir Standards«.

Televisionen im Freilichtkino Bethanien: 28. Juni bis 2. August, jeden Freitag ab 21.30 Uhr, Eintritt 15 DM.

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