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Wer in Amsterdams Grachten ertrinkt, ist selbst schuld

Tulpenrallye könnte in zwei Jahren auch bis nach Berlin führen Von Jochen Fischer

  • Lesedauer: 3 Min.

Durchschnittlich drei Meter sind Amsterdams Grachten tief. Bootsmann Henk, der uns bei unserer Fahrt durch die Wasserläufe der Stadt humorvoll unterhält, behauptet dennoch, wer darin ertrinkt, sei nur zu faul, aufzustehen. Denn einen Meter messe inzwischen der Schlamm, und einen weiteren Meter machten die gestohlenen Drahtesel aus, die hier in der fahrradfahrenden Stadt häufig nach dem Gebrauch versenkt würden. Gelegentlich kann man sein gestohlenes Rad aber auch für ein paar Gulden auf dem Trödelmarkt wieder erwerben.

Die Zahl deutscher Touristen in Holland ging 1996 um ein paar Prozentpunkte zurück. Nicht so in Amsterdam. Hauptursache dafür ist das steigende Interesse der Besucher aus den neuen Bundesländern für die niederländische Hauptstadt. Rund 350 000 waren es im vergangenen Jahr. Wohl auch, um dem rückläufigen Trend entgegenzuwirken, entwickelten die Marketingstrategen eine bemerkenswerte Werbekampange. »Holland experience« heißt das Programm, das im ehemaligen Saskiahaus der Hauptstadt über die Bühne geht. Multidimensionale Film“- und Theatertechniken,

Geruchs- und Klangeffekte sowie ein beweglicher Theaterfußboden sollen dem Zuschauer ein unvergeßliches Bild vom Land vermitteln. Vieles ist verblüffend. Vor allem der Deichbruch, bei dem etwa 80 000 Liter Wasser auf die Besucher zuzuschwappen scheinen. Als Gast im Rang ist man jedenfalls sicher. Trotz großen Spektakels: Viel mehr, als man ohnehin über Land und Leute schon weiß, erfährt man in den 30 Minuten nicht.

Das touristische Kapital Hollands ist natürlich die Küste, die das Binnenland zu Unrecht gelegentlich ins Abseits stellt. Aber so ist es nun mal: Wer ins Land der Tulpen und Windmühlen reist, fährt garantiert nach Ameland oder Zandvoort, jenem Ort, auf dessen Rennstrecke Täve Schur einst Weltmeister wurde. Kees van Herpe, Hotel- und Restaurantbetreiber, behauptet dagegen, Noordwijk habe nicht nur den schönsten und mit 13 km längsten Strand, es sei auch der Badeort mit unbegrenzten Möglichkeiten. Die junge Vizechefin des hundertjährigen Fremdenverkehrsvereins, Annemarie Gerards, nennt dafür viele Gründe. Von Ende März bis Ende Mai, wenn das Land zwischen Noordwijk und Haarlem in allen Farben leuchtet, ist der nahegelegene Keukenhof die Attraktion. 2000 Tulpensorten blühen da auf dem 32 ha großen Areal.

Mitte April wird hier jährlich die soge-

nannte Tulpenrallye gestartet. 204 Aktive gingen in diesem Jahr mit Oldtimern auf die Strecke. Die Organisatoren der Rallye überlegen ernsthaft, ob sie zum 50. Geburtstag der Fahrt in zwei Jahren eine Etappe bis nach Berlin führen können.

Nicht weniger anziehend ist der traditionelle Blumencorso von Noordwijk nach Haarlem. Schon das Schmücken der über 30 Fahrzeuge mit den schönsten Blüten gestaltet sich zu einem Volksfest. Die Busse des Berliner Veranstalters Sonnenschein-Reisen bringen in jedem Frühjahr etwa 5000 Gäste zur Tulpenblüte in die wunderschöne Region.

Der feinkörnige Sandstrand hier zieht vor allem Familien mit Kindern an. Golfer sind auf dem Platz zwischen den Dünen gut aufgehoben, und die Angler können vom nahen Scheveningen aus in See stechen. Am Noordwijker Leuchtturm beginnt eine Radwandertour über 45 km, die auch durch die Miniaturstadt Madurodam führt. Hier erlebt man ganz Holland im Maßstab 1:25. Außerdem wird die hohe Kunst des Sandburgenbaus demonstriert, und man bekommt ein Bild davon, wie sich die Niederländer, deren Land größtenteils unter dem Meeresspiegel liegt, das Wasser vom Leib halten.

Information: Sonnenschein-Reisen, Walderseestr. 23/24, 13407 Berlin, Tel. 030/4559913.

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