Schon Klaus Köste und Henry Maske gingen hier ein und aus
Elitenförderung: Olympischer Lorbeer aus der Sportschule Frankfurt (Oder)
Das Resultat: Zahlreiche Olympiasieger, Welt- und Europameister sowie Medaillengewinner. Die unvollständige Liste der Namen, die hier an der Oder die ach so harte Schulbank drückten, reicht von Judith Arndt bis Ronny Weller. Klaus Köste und Henry Maske gehören genau so dazu wie Udo Beyer, Falk Boden, Jens Pottek, Bianca Urbanke-Rösicke sowie die beiden Olympiasieger von Athen 2004 Yvonne Bönisch und Manfred Kurzer.
Wolfgang Schleiffer war der erste Schüler der Kinder- und Jugendsport-Schule (KJS), der zu DDR-Zeiten republikweit auf sich aufmerksam machte. Am 9. Juni 1956 war es, als er beim Ausscheid der Kinder- und Jugendsportschulen im Schlagballweitwerfen der Schüler B mit der Weite von 80 Metern DDR-Jahres-Bestleistung warf. Zudem lag er im Dreikampf (60 m, Weitsprung, Schlagballwerfen) auf DDR-Rekord-Kurs. Durch zwei Fehlstarts im 60-m-Lauf musste er leider seine Chancen begraben. »Ich war wohl zu nervös geworden«, erinnert sich Dr. Wolfgang Schleiffer, Facharzt für Orthopädie und Sportmedizin.
7. bis 13. Klasse
Einer der namhaftesten Ehemaligen ist Raimund Bethge, der von 1959 bis 1967 Frankfurter Schulbänke drückte. Der gebürtige Schwedter war zunächst Mehrkämpfer und holte im Nachwuchsbereich drei DDR-Meistertitel. Dann sattelte er auf den 110-Meter-Hürdenlauf um. Mit Erfolg: 1969 wurde er DDR-Meister und EM-Fünfter. Seine Bestzeit über diese Distanz beträgt 13,4 Sekunden und über 100 m sind es 10,2 Sekunden. Seit 1975 war er dann im Bobsport zu Hause. Heute ist er Bundestrainer für die Elite in dieser Sportart.
Gegenwärtig erhalten in Frankfurt 515 Schüler von der 7. bis zur 13. Klasse Unterricht. In acht Sportarten streben die Jugendlichen nach Bestleistungen - beim Boxen, im Fußball, Gewichtheben, Handball, Radsport, Ringen, Judo und Sportschießen. Gleich nebenan von Schule und Internat befinden sich auch die modernen Trainingsstätten, weshalb die Sport- oder Eliteschule auch Leistungszentrum der kurzen Wege genannt wird.
»Wir bemühen uns«, so Schulleiter Behnke, »schulische und sportliche Bildung optimal zu koordinieren.« Der Verbund von Lernen - Trainieren - Wohnen an einem Ort funktioniere bestens, sagt er und fügt an, »dass die Förderung sportlicher Begabungen eine hohe Qualität der Hochschulreife einschließt, um die sich alle Lehrer bemühen.« Ab der 11. Klasse können Schüler sogar den Leistungskurs Sport als Abitur-Prüfungsfach belegen. Grundsätzlich geht es letztlich allen Mitwirkenden darum, den Schülern Tugenden wie Disziplin, Fair Play, Verständnis, Toleranz und Gemeinschaftssinn zu vermitteln.
Jedes Talent finden
Klaus Peter Kossow, seines Zeichens Manager der jungen Leute und eine Art Ersatzvater für die Sportler im Olympiastützpunkt, fasst die Ziele des Verbundes von Schule und Leistungssports zusammen: Erstens eine systematische Talentsichtung und -förderung; zweitens die Zusammenarbeit zwischen Schule und Sportverein zu systematisieren und drittens, den Sportlern zu helfen, ihr Talent voll auszuschöpfen. Hierbei helfen über 40 Trainer.
Diese Trainer sind zugleich dafür zuständig, dass möglichst kein sportliches Talent verloren geht. »Deshalb«, erzählt Kossow, »organisieren sie zentrale Sichtungsveranstaltungen, beobachten deutschlandweit Wettkämpfe und nehmen an mehrtägigen Lehrgängen teil.« Dass dabei auch medizinische Tests erfolgen und die Gesundheit der jungen Leute auf Herz und Nieren untersucht wird, versteht sich von selbst. Über diesen Weg führte es viele talentierte Mädchen und Jungen aus allen Himmelsrichtungen an die Oder. Die Sportschützin Aline Wald beispielsweise ist an der Schweizer Grenze zu Hause, der Ringer Anatoli Judin kommt aus Köln und die Heimatanschrift des Gewichthebers Saur Panakow lautet Augsburg.
Und wie die Alten sungen, so zwitschern die Jungen, könnte man in Frankfurt sagen. Denn allein 2004 brachten die jungen Sportler manche Medaille oder gute Platzierung mit an die Schule. Im Gewichtheben war es Sarah Blasnik, die bei der Jugend-EM im Reißen Gold und im Stoßen Silber holte. Mendy Wedow gewann im Zweikampf Silber. Tony Höwler gewann sowohl im Reißen als auch im Stoßen Bronze. Im Judo war es Susi Zimmermann, die bei der Europameisterschaft der unter 17-Jährigen (U 17) siegreich war und bei den Ringerinnen kam Nicol Hofmann auf Platz zwei. Mathias Stumpf errang bei der Jugend-EM im Radsport im Bahn-Sprint Silber und im Zeitfahren über 500 Meter holte Jane Gerisch Bronze.
Im Bundeswettbewerb »Jugend trainiert für Olympia« belegten die Ringer 2004 in der Wettkampfklasse III den ersten Platz. Die Frankfurter Handballerinnen kamen im gleichen Wettkampf auf Platz drei.
Unlängst trugen die Ringer der Jahrgänge 1990/91 im Schwarzwald die Deutschen Meisterschaften aus. »Natürlich wollten wir dort so gut als möglich abschneiden«, unterstrich Trainer Harald Stein, der einst selbst aktiv war. »Zumal Ringen für unsere Stadt seit vielen Jahren ein Markenzeichen ist.« Das Resümee befriedigte ihn nicht ganz, obwohl Bastian Kurz (50 kg) und Oliver Runge (54 kg) Vizemeister wurden und Maik Michaelis (69 kg) und Daniel Klaus (46 kg) Bronze gewannen. »Einen Titel hätte ich schon gern mit an die Oder gebracht.«
Sport forscht
Aber Schulleiter Jürgen Behnke ist stolz auf seine Schüler. Denn sie verleihen sportlichen Talenten zusätzlichen Glanz: Beim Bundesfinale »Jugend forscht« entwickelte Marcus Thätner, achtmaliger Deutscher Ringermeister, in zweieinhalbjähriger Arbeit ein Solarmobil, für das er den Sonderpreis des brandenburgischen Ministerpräsidenten erhielt.
Natürlich funktioniert der Bund oder die Ehe zwischen Sport und Schule umso besser, je mehr Partner man an seiner Seite weiß. Frankfurt (Oder) hat kein VW-Werk in seinen Mauern, das als Sponsor fungieren könnte und das hochgepriesene Projekt einer Chip-Fabrik platzte wie eine Seifenblase. Dafür aber gibt viele kleinere Förderer, angefangen von der Bauernschänke in Eggersdorf über Schmetterling-Reisen Brandenburg bis zur Sparkasse Oder/Spree. »Für uns ist die Sportschule wie das Wasser in der Oder zur Stadt«, sagte Paul Hünemörder, Vorstandsvorsitzender des Kreditinstituts. »Ohne die Sportschule wären Frankfurt und die ganze Region entlang der Oder um einiges ärmer.«
Jochen Fischer
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