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Lohndumping bei Heckert bleibt

Geschäftsführer lehnt Tarifvertrag weiter ab Von Christoph Ruhkamp und Mechthild Hahne

  • Lesedauer: 3 Min.

Auch nach der Demonstration entlassener Betriebsräte für ihre Wiedereinstellung und gegen Lohndumping Ende September zeigt der Geschäftsführer des Werkzeugmaschinenbauers Heckertin Chemnitz keine Einsicht.

Einigkeit von Belegschaft und Unternehmensleitung bei Heckert in Chemnitz versuchte Geschäftsführer Franz Betschon unterdessen am Mittwoch vor Journalisten in Chemnitz zu demonstrieren. Alle 200 Mitarbeiter würden auf seine Einladung am kommenden Wochenende in die Schweiz reisen, um die Produktionsstätte der Muttergesellschaft Starrag in Regis-Breitingen zu besichtigen und die Kollegen dort kennenzulernen, kündigte er an. Die Aktion soll offenbar Ruhe in den Konflikt mit der Chemnitzer IG Metall und den entlassenen Betriebsräten bringen.

Die Interessenvertreter hatten Ende September vor dem Firmentor für ihre Wiedereinstellung sowie für die Einhaltung von Tarifvereinbarungen gekämpft. Grund: Der Schweizer Geschäftsführer Betschon hatte bei Übernahme der Firma die Löhne um 20 Prozent gesenkt, die Arbeitszeit von 38 auf 40 Stunden verlängert, Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie eine Woche Urlaub gestrichen. Ein Betriebsrat existiert bislang nicht. Alle Betriebsräte wurden nicht übernommen. Betschon machte es sich einfach und betonte: »Es gibt keinen Fall Heckert, sondern nur einen Fall IG Metall.« Die Vorwürfe des IG Metall-Bevollmächtig-

ten, Sieghard Bender, der von Dumpinglöhnen gesprochen hatte, entbehrten jeder Grundlage. »Bei Heckert wird mehr verdient als bei der schweizerischen Starrag in Regis-Breitingen, obwohl dort ein Haustarif existiert.« Einen Tarifvertrag, betonte er, brauche man daher nicht. »Das ist ja so, als wollte man eine moderne Hochsee-Yacht mit einem Magnetkompaß Baujahr 1950 navigieren«, sagte Betschon. Zudem sollten in den nächsten Monaten »sehr viele Leute an Bord kommen«. Er selbst und das Management hätten zudem keinerlei Einwände gegen die Wahl eines neuen Betriebsrats, räumte Betschon ein. Seit der Übernahme der Firma im Sommer habe die Gewerkschaft jedoch außer einem ersten Sondierungsgespräch mit der noch verbliebenen Belegschaft nichts in dieser Richtung unternommen. Was er nicht sagte.- Bender hatte sich am 10. August schon an den Eigentümer von Heckert und Mehrheitsaktionär der Schweizer Starrag, Walter Fust, gewandt und um ein klärendes Gespräch bezüglich der von ihm kritisierten Geschäftsentscheidungen gebeten. Der Schweizer Manager des Jahres 1986 hatte ihm aber eine herbe Abfuhr erteilt: »Getroffene Entscheidungen der letzten Zeit können unsererseits nicht mehr Gegenstand eines Gesprächs sein, da die IG Metall keine Legitimation hat, diese in Frage zu stellen.«

Nun soll in zwei Wochen ein Vertreter des sächsischen Wirtschaftsministeriums vermitteln. Aus Dresden hatte Heckert nach Kenntnis des Schweizer Nachrichtenmagazins »Facts« einen zweistelligen Millionenbetrag an Fördermitteln erhalten. Die Heckert-Umsätze sollen, so Betschon, im kommenden Jahr auf 100 Millionen Mark steigen.

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