Schweiß desinfiziert

Natürliches Antibiotikum schützt Haut vor Infektionen

  • Siegfried Neumann
  • Lesedauer: 2 Min.
Schweiß - das lehrt die Erfahrung - ist zur Kühlung da. Bei Hitze oder Anstrengender Arbeit rinnt er in Strömen. Doch wie Mediziner vom Universitätsklinikum Tübingen jetzt herausfanden, erfüllt die salzige Flüssigkeit noch andere Aufgaben. Die Forscher um Birgit Schittek entdeckten im menschlichen Schweiß ein Eiweiß (Peptid), das antibakteriell wirkt. In der Dezemberausgabe von »Nature Immunology« (Online bereits seit 5. November) stellen die Tübinger Wissenschaftler ihre Ergebnisse vor. Zwar wurde in den letzten Jahren beim Menschen bereits eine Reihe von antibiotischen Peptiden entdeckt, die bei der Immunabwehr mitwirken. Doch anders als das neu entdeckte Dermcidin, werden diese körpereigenen Wirkstoffe erst freigesetzt, wenn es bereits zu einer Verletzung, Entzündung oder Infektion gekommen ist. Bei Pflanzen, Insekten und Amphibien sind antibiotische Peptide seit längerem als Vermittler der Infektabwehr bekannt. Dermcidin, das neu entdeckte antibiotische Peptid, wird ausschließlich von den Schweißdrüsenzellen der Haut produziert und gelangt mit dem Schweiß auf die Oberfläche der Haut. Die Hauptform des Peptids besteht aus 47 Aminosäuren und zeigt ein breites Wirkspektrum gegen verschiedene Bakterien sowie auch gegen Pilze. Die Wirksamkeit bleibt auch unter sauren pH-Bedingungen erhalten und wird durch die Salze im Schweiß nicht beeinträchtigt. Dermcidin stellt damit das erste antibiotische Peptid dar, das einen dauernden Schutz der Haut vor Infektionen bewirkt. Bisher hatte man geglaubt, dass vor allem der leicht saure pH-Wert an der Hautoberfläche ein wichtiger Schutzmechanismus wäre. Mit der Entdeckung von Dermcidin muss diese Ansicht korrigiert werden, da der Schutz offenbar hauptsächlich durch diese aktive antimikrobielle Substanz bewirkt wird. Die Entdeckung von Dermcidin trägt auch zur Erklärung der von Hautärzten immer wieder gemachten Beobachtung bei, dass Hautinfektionen und Entzündungen (Ekzeme) gehäuft bei Personen auftreten, die sich sehr häufig waschen. Der mit Dermcidin aus dem Schweiß entstehende antibiotische Schutzmantel wird durch häufiges Waschen wahrscheinlich zu stark reduziert. Ob ein - möglicherweise synthetisch hergestellter - Wirkstoff auf Dermcidin-Basis eventuell in der Behandlung von Hautinfektionen eingesetzt werden kann, bleibt abzuwarten.

Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen

Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.