Gelddruckmaschine für Medien-Konzerne

MEDIENgedanken: Urheberrecht und geistiges Eigentum

  • Katharina Dockhorn
  • Lesedauer: 4 Min.

Ein Gespenst schwebt über der deutschen Presselandschaft: das Leistungsschutzrecht für Verlage. Es soll die Investitionen der Häuser in Redaktion, Technik, Vertrieb und den Erwerb der Nutzungsrechte für Fotos und Artikel der Urheber schützen sowie gegen Suchmaschinen wie Google und elektronische Datenbanken vorgehen, die Millionen mit der Werbung auf ihren Seiten einnehmen und nichts davon an die Verlage abgeben wollen.

Im Zentrum der Diskussion steht nach dem Gesetzentwurf, den das Bundeskabinett Ende August abnickte, das Zitatrecht, das sehr eng gefasst werden soll. Völlig unter geht momentan, dass der Entwurf auf die Sanierung der (großen) Verlage auf Kosten der Kreativen hinausläuft. Im Gesetzestext heißt es nur schwammig, die Urheber seien angemessen zu entschädigen.

Das Gesetz gewährt Verlagen rechtlich den gleichen Schutz, den Film- und Musikproduzenten oder Fernsehanstalten genießen. Matthias Döpfner, Chef des Springer-Verlags, brachte es im März 2009 ins Gespräch. Es könne nicht sein, dass die Verlage mit viel Geld und Aufwand Inhalte schafften, bei denen sich Online-Anbieter und Suchmaschinen für lau bedienen. Was er verschwieg: Es waren die Verlage selbst, die im Rausch über die Werbung für das eigene Produkt die Inhalte kostenfrei ins Netz stellten und die Suchmaschinen fütterten.

Mit dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP wurde das Leistungsschutzrecht Programm. Justizministerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger (FDP), von der kolportiert wird, dass sie nicht zu den Freunden der Initiative zählt, legte im Juni 2012 den ersten Entwurf vor. Die deutsche Industrie lief Sturm, die Verleger waren nicht zufrieden, nur die Urheber konnten hoffen. Die Zahlungen von Google & Co. sollten in eine Verwertungsgesellschaft eingebracht und zwischen Verlagen und Urhebern geteilt werden.

Dieses Modell lobte auch Springers Chef-Lobbyist Christoph Keese. Bei der Abgeltung des Rechts auf Privatkopien hat es sich seit Jahrzehnten bewährt. Leser, die einen Artikel archivieren oder auf dem heimischen Computer speichern, bezahlen dafür beim Kauf von Speichermedien oder technischen Geräten einen kleinen Betrag. Die Hersteller zahlen die Einnahmen an eine Verwertungsgesellschaft, das Geld fließt an Urheber und Verlage. Der Vorteil: Bei der Übertragung dieses Modell auf Suchmaschinen im Internet profitieren auch kleinere Verlage vom Leistungsschutzrecht, die sich keine Klagen gegen Google & Co. leisten können. Eine Marktbereinigung wird vermieden.

Doch schon im zweiten Entwurf des Gesetzes wurde der Passus auf Druck der Liberalen verändert. Mit den Urhebern solle jeder Verlag alleine verhandeln. Was auch diesen in der Vergangenheit nicht recht war - Keese hatte stets mit dem Argument für das Leistungsschutzrecht geworben, dass der Verlag nicht von jedem Autor oder Fotografen einzeln die Rechte einholen könne.

Politisch ist das Vorhaben umstritten. Piratenpartei und Grüne setzen sich für die Wahrung der Rechte von Journalisten ein. Auch der Arbeitsgruppe Kultur der CDU-Bundestagsfraktion ist nicht ganz wohl bei der Regelung. Sie schränkt aber ein, auch wenn nur den Verlagen geholfen werde, hätte das Gesetz seinen Wert. Die SPD hat es dagegen geschafft, die Regierungskoalition in der Herzlosigkeit gegenüber den Urhebern noch zu übertreffen. Die von der Partei geführten Landesregierungen von NRW und Rheinland-Pfalz brachten in den Bundesrat eine Gesetzesinitiative ein, die den Verlagen das Recht einräumt, gegen Suchmaschinen und Datenbanken im Netz zu klagen - ohne vorher das Einverständnis der Journalisten und Fotografen einzuholen. Von eventuellen Erlösen sehen diese aber nichts. Selbst dem Springer-Lobbyisten Keese geht das zu weit. Er hat bereits durchblicken lassen, wie er sich die Abgeltung der Urheberrechte der Kreativen vorstellt, die in seinem Haus die Kassen sprudeln lassen. Die Verlage wollen einen Tarifvertrag mit den Urhebern abschließen.

Bei den Betroffenen löst allerdings auch diese Vorstellung blankes Entsetzen aus. Insbesondere freie Journalisten haben mit solchen Vereinbarungen keine positiven Erfahrungen gemacht. Jahrelang rangen ihre Gewerkschaften DJV und ver.di mit den Verlagen um Vergütungsregeln, eingehalten werden sie nur von einer Minderheit. Zudem sind viele Häuser, vor allem im Osten der Republik, längst aus der Tarifgemeinschaft ausgeschieden.

Allerdings könnte der Verzicht auf die Verwertungsgesellschaften am Ende der VG Wort den Garaus machen. Die Mehrheit der Journalisten hat ihre Zweitverwertungsrechte längst an ihre Verwertungsgesellschaft übertragen. Sollten die Verlage jetzt auf die Abtretung dieser Rechte bestehen, könnte dies unüberschaubare Folgen für Leser oder neudeutsch User haben. Die monetäre Abgeltung des Rechts auf Privatkopien gerät in Gefahr. Das könnte Diskussionen auslösen, die jenen in die Hände spielen, die den Schutz des geistigen Eigentums einschränken wollen. Das wäre dann das Ende des klassischen Urhebers, der nach den Beteuerungen aller Parteien geschützt werden sollte. Doch ohne ihn gibt es keine Verlage mehr.

Die Autorin ist freie Medienjournalistin und lebt in Berlin.

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