Mächtig gewaltig!

Der wohl einzige Fanclub der Olsenbande wird in Leipzig betrieben

  • Heidrun Böger, Leipzig
  • Lesedauer: 3 Min.
Dänischer DDR-Kult, der noch heute fasziniert. Weltweit hat der Leipziger Olsenbande-Fanclub 2000 Mitglieder.

Egon Olsen - im Osten Deutschlands ist er nach wie vor ein Begriff. Millionen von Zuschauern lachten über die Geschichten der dänischen Kleinganoven, die zu DDR-Zeiten über den Bildschirm flimmerten. Für Nichteingeweihte: Die von 1968 bis 1998 entstandenen Filme erzählen von den immer neuen Versuchen dreier Krimineller, durch einen »großen Coup« reich zu werden. Auch heute noch ist die Popularität von Egon, Benny und Kjeld ungebrochen. Der einzige Fanclub Deutschlands befindet sich in Leipzig.

Paul Wenzel dürfte nicht der klassische Fan der Olsenbande sein, war er doch 1989 erst 3 Jahre alt: »Aber ich habe die Filme damals mit meinen Eltern zu Hause in Radebeul geguckt«, erzählt der 26-Jährige, der heute in Leipzig lebt. Noch ganz jung, so mit 14 Jahren, wollte er Mitglied in einem Fanclub werden, der sich in Thüringen befand: »Doch von dort habe ich nie eine Antwort bekommen. Da dachte ich, gründe ich eben selbst einen Fanclub.«

2001 ging die Homepage ins Netz, 2002 kam Steffen Paatz dazu, seitdem betreuen sie gemeinsam den Olsenbandenfanclub Deutschland. Und das mit großer Leidenschaft. Man kann sagen, die beiden wissen schlichtweg alles über die 14 Filme, deren erster am 11. Oktober 1968 in Dänemark lief. »Wobei uns die Filme ab dem dritten Teil am besten gefallen, weil man sieht, wie viele Ideen erst entwickelt wurden. Zum Beispiel fängt Benny im dritten Film mit seinem typischen Hüpfen an.«

Seit über zehn Jahren sammeln die beiden alles rund um die dänischen Kriminalkomödien: Autogrammkarten, Shirts, Plakate und Drehbücher. Ihre Wohnung im Leipziger Osten ist gleichzeitig eine Art Olsenbanden-Museum, wenn auch nicht öffentlich zugänglich.

Schon lange hat sich das Hobby zur großen Leidenschaft der beiden entwickelt. Der Fanclub zählt etwa 2000 Mitglieder weltweit, die meisten kommen aus dem Osten Deutschlands, aber einige auch aus Österreich, der Schweiz, Polen und Südamerika. Nicht mal in Dänemark selbst gibt es einen Fanclub, obwohl die Filme auch dort Kult sind. Im Westen Deutschlands kamen sie 1970 mit einer eigenen Synchronisation in die Kinos, waren dort aber ein Flop.

Am liebsten schauen Paul Wenzel und Steffen Paatz die Filme auf Dänisch, die Sprache haben sie extra dafür an der Volkshochschule gelernt. Ihren Jahresurlaub verbringen sie in Dänemark, um Originalschauplätze aufzusuchen. Eins der unregelmäßig stattfindenden Fanclub-Treffen haben sie 2006 in Jütland organisiert, inspiriert vom Film »Die Olsenbande fährt nach Jütland«. Vom Filmteam kamen damals Bo Christensen, der Produzent der Filme, die Kostümbildnerin Lotte Dandanell und Morten Grunwald, der Darsteller von Benny Frandsen. Er spielte den großen Jungen mit dem Mächtig-gewaltig-Egon-Spruch und den immer zu kurzen Hosen. Grunwald ist der einzige Hauptdarsteller, der noch lebt.

Alle 14 Filme wurden mehr oder weniger mit demselben Team produziert, das betrifft nicht nur die Schauspieler, sondern geht bis zur Maskenbildnerin. Für Paul Wenzel macht das auch die Faszination der Streifen aus: »Alles ist so liebevoll bis ins Detail.« Das Treffen in Dänemark war rückblickend einer der Höhepunkte im Fanclub-Leben. Übertroffen wurde es nur von dem 2004 in Dresden. Damals war gerade Ove Sprogøe, der Darsteller von Egon Olsen, gestorben, das Interesse entsprechend groß, über 500 Besucher kamen.

Die Arbeit für den Fanclub nimmt inzwischen einen Großteil ihrer Freizeit ein. Dabei haben die beiden stressige Jobs: Steffen Paatz ist ausgebildeter Geologe und arbeitet als so genannter Probenehmer beim Landesamt für Umweltschutz in Halle, Paul Wenzel ist Film- und Videoeditor beim MDR in Magdeburg, beide pendeln zur Arbeit.

Täglich erhalten sie Anfragen. Paul Wenzel: »Jemand möchte eine DVD verschenken mit einer bestimmten Szene drin, an die er sich von früher erinnert.« Für ihn kein Problem, so etwas beantwortet er aus dem Gedächtnis. Beliebt ist auch die Frage, woher man die Titelmelodie als Handyton bekommt. Im Internet ist das heutzutage kein Problem.

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