Drei Gründe für die Überwachung

  • Christian Gaebler
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Videoaufzeichnung auf U- und S-Bahnhöfen bewegt immer wieder die Gemüter. Dabei wird häufig vergessen, dass Videoüberwachung kein Selbstzweck ist, sondern nur einer von vielen Bausteinen in einem Sicherheitskonzept für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Ein sicherer ÖPNV ist ein wichtiges Thema der Daseinsvorsorge und des Zusammenlebens in der Hauptstadt. Wir alle wollen uns hier sicher und frei bewegen - das ist Lebensqualität für uns Berlinerinnen und Berliner und für die Gäste in unserer Stadt.

Statistisch gesehen haben wir in Berlin einen sehr sicheren ÖPNV, die Zahl der im Nahverkehr verübten Straf- und Gewalttaten ist gering. Kunden der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und der S-Bahn können sicher durch die Stadt fahren. Aber einzelne Gewaltvorfälle, insbesondere mit großer Brutalität, liefern uns andere Bilder - da hilft auch die Statistik nicht. Das subjektive Sicherheitsgefühl der Fahrgäste lässt sich nicht allein durch Statistiken steigern. Deshalb diskutieren wir zu Recht über das richtige Sicherheitskonzept auf Berliner Bahnhöfen.

Ich spreche bewusst von Sicherheitskonzept. Nur eingebettet in ein umfassendes und abgestimmtes Programm zur Steigerung der Sicherheit auf den Bahnhöfen ist die Videoaufzeichnung sinnvoll. Verstärkter Personaleinsatz an den Bahnhöfen und Videoaufzeichnung mit Koordination über eine Zentrale sind entscheidende Elemente für ein Sicherheitskonzept, das wir von unseren Verkehrsdienstleistern erwarten. Als Eigentümer der BVG hat das Land Berlin bereits vor geraumer Zeit ein umfassendes Sicherheitskonzept erarbeitet - von mehr Personal über eine Leitzentrale zur Beobachtung der Bahnsteige bis hin zur Kameraausstattung - und dafür auch zusätzliches Geld für die Umsetzung in die Hand genommen. Wir fordern gleiches jetzt bei der S-Bahn ein.

Warum Videoaufzeichnung? Aus drei Gründen: Sie bietet direkte Beobachtungs- und Eingriffsmöglichkeit auf den Bahnsteigen, da sichtbar ist, was vor Ort passiert. Sie erlaubt die effektive Strafverfolgung, da Aufzeichnungen zeitlich begrenzt gespeichert werden. Und sie hat eine Abschreckungswirkung auf potenzielle Täter. Und genau das wollen wir für Berliner Bahnsteige. Es gibt viele positive Erfahrungen, die in der Hauptstadt, aber auch in vielen anderen Großstädten gemacht werden.

Gegen die Videoaufzeichnung ins Feld geführt werden zumeist die Gefahr von Missbrauch oder die schleichende Verwandlung des öffentlichen Raums in »staatliche Überwachungszonen«. Argumente, die ins Leere laufen. Wir wollen nicht in jedem Park, auf jedem Platz und an jeder Straßenecke Berlins Kameras installieren. Es geht konkret um die Bahnsteige im öffentlichen Nahverkehr. Jeder und jede soll zu jeder Zeit dem so wichtigen Anspruch auf Mobilität ungehindert nachkommen können. Bahnsteige sind Bereiche, in denen bereits heute Kameras verwendet werden, zum Bespiel bei der BVG. Sie setzt seit Jahren erfolgreich an Bahnhöfen und sogar in Zügen und Bussen das Instrument Videoüberwachung ein. Und auch die S-Bahn hat große Umsteigebahnhöfe bereits mit Kameras ausgerüstet.

Es geht also längst nicht mehr um die Frage des »Ob«, sondern darum, was jetzt passieren muss, um Videoaufzeichnungen effektiv und klar definiert für mehr Sicherheit im ÖPNV nutzen zu können. Und darum, wie das sinnvoll in ein Gesamtkonzept eingebunden wird. Da nehmen wir als Senat die Verkehrsunternehmen in die Pflicht. Beide, BVG und S-Bahn, haben sich in den Verkehrsverträgen zu weitreichenden Sicherheitskonzepten verpflichtet. Es ist richtig, die Möglichkeiten der Prävention und Aufklärung durch Videoüberwachung zu nutzen - klar reglementiert, mit mehr Personal und so schnell wie möglich. Im Interesse der Fahrgäste und im Interesse einer sicheren Mobilität in Berlin.

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