Entscheidung über Rentenniveau erst 2020

Breite Zustimmung im SPD-Vorstand zu Kompromiss

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.
Um den derzeitigen Konflikt zwischen Linken und Konservativen in der SPD abzuschwächen, will die Parteispitze erst im Jahr 2020 endgültig über das künftige Rentenniveau entscheiden.

Die SPD wird voraussichtlich an ihrem einst in der rot-grünen Bundesregierung gefassten Beschluss festhalten, wonach das Rentenniveau von derzeit 50,4 Prozent bis zum Jahr 2020 auf 46 Prozent absinken kann, ohne dass dann der Gesetzgeber intervenieren muss. So sieht es die von einem Parteirat am Wochenende beschlossene Linie der nordrhein-westfälischen SPD vor. An dem Beschluss des mitgliederstärksten Landesverbandes wolle sich nun auch die Bundespartei orientieren, kündigte SPD-Chef Sigmar Gabriel gestern nach einer Sitzung des Vorstands an, der mit breiter Zustimmung auf das Konzept reagierte. Demnach soll eine Neubewertung des Niveaus erst im Jahr 2020 vorgenommen werden. Nach der jetzigen Gesetzeslage kann das Rentenniveau bis zum Jahr 2030 auf 43 Prozent absinken. Außerdem ist geplant, die Rentenbeiträge ab 2014 schrittweise um jährlich 0,2 Prozentpunkte anzuheben, bis ein Satz von 22 Prozent erreicht ist.

»Wir wollen nichts versprechen, von dem wir nicht sicher sind, ob wir es in der Bundesregierung auch bezahlen können«, erklärte Gabriel. Allerdings versprach er, dass die SPD in den nächsten Jahren Schritte unternehmen wolle, um durch höhere Löhne und mehr Beschäftigung das jetzige Rentenniveau zu halten. »Wir werden unseren Schwerpunkt auf die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik legen«, sagte der SPD-Chef. Ein wichtiger Baustein ist hierbei die Forderung der Sozialdemokraten nach einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro.

Der Vorschlag zur Rentenpolitik soll am 24. November vom SPD-Parteikonvent in Berlin abgesegnet werden. »Ich rechne mit über 90 Prozent Zustimmung«, sagte Gabriel. Die Rentenarbeitsgruppe unter Leitung von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft werde sich in den kommenden Wochen mit den finanziellen Auswirkungen des SPD-Konzepts befassen.

Der Kompromissvorschlag kommt vor allem dem designierten Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück und Vertretern des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD entgegen, die Forderungen von Parteilinken und Gewerkschaftern nach einer Festschreibung des jetzigen Rentenniveaus als Untergrenze heftig ablehnen. Eine Änderung der Rentenformel mit dem Ziel, das Niveau festzuschreiben, könne erst als »Notbremse« in Frage kommen, wenn die anderen Schritte nicht fruchten sollten, bekräftigte Seeheimer-Sprecher Johannes Kahrs gegenüber dem »Südwestrundfunk«.

Am Wochenende hatte sich der Berliner SPD-Landesverband auf einem Parteitag für ein Einfrieren des heutigen Rentenniveaus ausgesprochen. Dafür müsse jeder Versicherte monatlich 2,60 Euro mehr in die Rentenkasse einzahlen. Diese Erhöhung ist für Kahrs über 10 oder 20 Jahre hinweg »nur bedingt zumutbar«. Und der Weg, das Rentenniveau über Steuerzuschüsse aus dem Bundeshaushalt zu stützen, sei mit derzeit etwa 80 Milliarden Euro ebenfalls weitgehend ausgereizt, meinte der Hamburger Sozialdemokrat.

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