Diplomatie und neue Anschläge

Damaszener Opposition unterbreitet Brahimi neue Vermittlungsangebote

  • Karin Leukefeld, Damaskus
  • Lesedauer: 3 Min.
Damaskus erlebte am Mittwoch erneut tödliche Anschläge. Doch es gab auch neue Bemühungen um eine Eindämmung des Konflikts.

Ein wildes Gehupe dröhnt über Bab Musallam, das Tor im alten Stadtteil Midan von Damaskus. Ein Rettungswagen mit heulenden Sirenen versucht, durch den dichten Verkehr zu kommen, ein Lieferwagen hilft ihm dabei, indem er sich ununterbrochen hupend gefährlich über die verschiedenen Fahrspuren schlängelt und so dem Rettungswagen eine Schneise öffnen will. Mitten im Verkehr kreuzen teilweise schwer bepackte Menschen die Straße, immer wieder sind Leute mit Verletzungen zu sehen: eine Frau hat einen eingegipsten Arm, ein Mann humpelt an zwei Krücken, ein Soldat hat sich die Jacke über die Schulter geworfen, sein frisch verbundener Arm hängt in einer Schlaufe.

Es ist kurz nach Mittag, doch die Menschen machen sich bereits auf den Weg nach Hause. Die Tage in Damaskus sind kurz geworden. Öffentliche Einrichtungen und Schulen schließen früher, nur in Krankenhäusern, Polizeistationen und Einrichtungen der Sicherheitsdienste wird rund um die Uhr gearbeitet.

Jenseits des Bab Scharki, dem östlichen Tor der Damaszener Altstadt, steigen auch am Mittwoch wieder schwarze Rauchsäulen in den Himmel. Immer wieder sind Detonationen zu hören, vereinzelt fliegen Kampfjets Angriffe. Berichten zufolge wird weiterhin in Douma gekämpft, einer Satellitenstadt im Nordosten von Damaskus. Seit Anfang des Jahres versuchen Aufständische, dort Fuß zu fassen und liefern sich mit den regulären Streitkräften eine mörderische Schlacht. Zivilisten sind scharenweise geflohen, die durch die Kämpfe entstandenen Schäden werden landesweit auf mehr als 1,2 Milliarden Dollar geschätzt.

Regierungsvertreter suchen derweil den Kontakt zur Bevölkerung. Der Innen- und der Verteidigungsminister besuchten verletzte Soldaten und Polizisten in Krankenhäusern, Ministerpräsident Wael al-Halqi war bei Inlandsvertriebenen und inspizierte in Homs höchstpersönlich den Stand der Reparaturarbeiten an der zerstören Infrastruktur. Familien wurde Entschädigung versprochen, Freiwillige helfen beim Verteilen von Lebensmitteln an Menschen, die in Schulen und öffentlichen Einrichtungen untergebracht sind. Aber die Anschläge reißen nicht ab. Acht Menschen sollen am Mittwoch durch eine Bombe ums Leben gekommen. Vor einem Hotel unweit des Schreins der Sayyida Zainab sei ein Sprengsatz detoniert, hieß es am Nachmittag.

Aus Kreisen der Opposition war zu hören, dass man dem internationalen Syrienvermittler Lakhdar Brahimi vorgeschlagen habe, eine sehr viel größere Beobachtermission als beim ersten Mal ins Land zu bringen. Nur so könnten beide Seiten unter Druck gesetzt werden, ihre Kampfhandlungen einzustellen, sagte Hassan Abdulazim, Vorsitzender des Nationalen Koordinationsbüros für Demokratischen Wandel im Gespräch mit der Autorin in Damaskus. China und Russland müssten die syrische Führung zum Einlenken bewegen, aber (West-)Europa und die USA im Gegenzug die Golfstaaten und die Türkei dazu bringen, die Bewaffnung von Aufständischen einzustellen.

Zerstörtes Haus in Damaskus. Eine Autobombe war am Sonntag davor gezündet worden. Kriegsschauplatz und Kinderspielplatz - ein zerschossener Panzer in der nordwestlichen Stadt Azaz.

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