Gentests an Embryonen geregelt

Kabinett beschließt Verordnung zur Präimplantationsdiagnostik

  • Steffen Schmidt
  • Lesedauer: 2 Min.
Im Juli 2011 hatte der Bundestag nach kontroverser Debatte ein Gesetz beschlossen, das Gentests an künstlich befruchteten Embryonen begrenzt zulässt. Bislang fehlte noch eine Verordnung, die die Details der Präimplantationsdiagnostik (PID) regelt. Die wurde am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen. Der Bundesrat muss noch zustimmen.

Im Sommer 2010 hatte der Bundesgerichtshof mit einem Urteil zur Selbstanzeige eines Berliner Arztes die Politik schwer schockiert. Erklärten die Richter damals doch, im gegebenen Fall sei die PID mit den strengen Regelungen deutschen Embryonenschutzgesetz von 1991 vereinbar. Nach einjähriger Debatte kam es zu einem Kompromiss im Bundestag. Das 2011 beschlossene Gesetz erlaubt Paaren, Embryonen nach einer künstlichen Befruchtung und vor der Einpflanzung unter bestimmten Bedingungen auf Erbschäden untersuchen zu lassen. Dann nämlich, wenn die von einem oder beiden Elternteilen stammenden Erbanlagen eine Tot- oder Fehlgeburt beziehungsweise eine schwere Krankheit des Kindes wahrscheinlich machen. Ein Katalog konkreter Krankheiten, für die PID zulässig sein soll, wurde nicht beschlossen. Jährlich werden rund 200 Fälle in Deutschland erwartet.

Paradoxerweise ist allerdings seit Inkrafttreten des Gesetzes im November 2011 die PID ganz verboten, weil einige entscheidende Punkte noch in einer Verordnung geregelt werden sollten. Dazu zählt die Zahl der medizinischen Zen- tren, die derartige Diagnostik anbieten dürfen und die Zahl der Ethikkommissionen, die über die Zulässigkeit im konkreten Fall befinden sollen. Das alles regelt nun der am Mittwoch vom Kabinett gebilligte Entwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium.

Laut Verordnungsentwurf soll beim Paul-Ehrlich-Institut zudem eine Zentralstelle entstehen, die die PID-Maßnahmen dokumentiert.

Da die Verordnung noch vom Bundesrat bestätigt werden muss, rollen die PID-Kritiker nun die alten Debatten wieder auf. Sie befürchten Missbrauch, da der Kabinettsbeschluss die Zahl der Kommissionen und Zentren nicht begrenzt. Der Grünen-Rechtspolitiker Jerzy Montag kritisierte zudem die Einbeziehung von Patientenschutz- und Behindertenorganisationen in die Ethikkommissionen. »Ich sehe hier (...) die Gefahr, dass die Grundsatzdebatten, die mit dem Gesetz (...) entschieden worden sind, in den Kommissionen weitergeführt werden sollen.«

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