Hamburg in der Zwickmühle

Drama um Elbphilharmonie nähert sich seinem nächsten Akt

  • Carola Große-Wilde, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Spätestens bis Weihnachten soll eine Entscheidung fallen: Baut die Stadt Hamburg die Elbphilharmonie gemeinsam mit Hochtief zu Ende oder trennt sie sich von dem Bauunternehmen?

Majestätisch ragt die Elbphilharmonie an der Spitze der Hafencity in den Hamburger Himmel. Mit ihrer leuchtenden Fensterfassade sieht sie eigentlich schon fast fertig aus. Doch der Schein trügt: Seit mehr als einem Jahr ruhen die Bauarbeiten auf der - neben dem Berliner Schloss - größten Kultur-Baustelle Deutschlands. Der Grund: Die Stadt und der Baukonzern Hochtief streiten sich um immer höhere Kosten und Zeitverschiebungen. Zwei Ultimaten zum Weiterbau hat die Stadt dem Baukonzern bereits gestellt. Doch nichts ist passiert. Der Druck auf Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) wird immer größer: »Bauen Sie jetzt endlich fertig!«, fordert nicht nur die Opposition. Bis Weihnachten will der Bürgermeister eine Entscheidung verkünden.

Beide Wege hätten gravierende Folgen

Keine leichte Entscheidung für Scholz, der nun ausbaden muss, was ihm der CDU-Vorgängersenat eingebrockt hat. Er befindet sich in einer Zwickmühle: Egal wie er sich entscheidet, beide Wege werden vor allem gravierende finanzielle Folgen haben. »Keine der Lösungen ist ideal«, kündigte Scholz an. Und egal, welchen Weg der SPD-Senat wähle: »Ich will ausdrücklich sagen, dass beide mit großem finanziellen Aufwand für die Stadt verbunden sein werden«, betonte er diese Woche vor der Bürgerschaft. Deshalb sollten auch die vier Oppositionsparteien die Gelegenheit haben, dazu ihre Meinung zu sagen, »damit es nicht eine Entscheidung ist, die der Senat alleine trifft«.

Der Weiterbau mit Hochtief ist eigentlich die sicherere Variante: Der Essener Baukonzern kennt sich am besten auf der hoch komplizierten Baustelle aus, weiß, wie es weitergeht und wo es noch hakt. Hochtief betont auch immer wieder, dass sie das Jahrhundertbauwerk zusammen mit der Stadt zu Ende bauen wollen, doch dann ging es trotzdem nicht voran. Anfang Juli hatten sich beide Parteien bereits auf ein Eckpunktepapier verständigt, das nur noch in eine rechtsverbindliche Form gebracht werden musste. Doch diese Verhandlungen ziehen sich jetzt bereits seit mehr als fünf Monaten hin.

Als Ende November endlich das Saaldach abgesenkt wurde - einer der Hauptstreitpunkte - , sah es so aus, als würde es weitergehen. Aber das Vertrauen in Hochtief ist tief erschüttert. Deshalb könnte es auch sein, dass sich Scholz für eine Trennung von Hochtief entscheidet, auch wenn die Risiken bei dieser Variante wahrscheinlich noch größer sind. »Das ist - ich will es ausdrücklich sagen - ganz bestimmt kein leichter Weg«, sagte Scholz.

Konzerthaus könnte 500 Millionen Euro kosten

Die Stadt, vertreten durch die städtische Realisierungsgesellschaft (Rege), würde das Projekt dann in Eigenregie übernehmen und alle noch ausstehenden Arbeiten neu an verschiedene Handwerksbetriebe und Bauunternehmen vergeben. Dann müsste man neue Komplikationen oder technische Probleme bei diesem »einzigartigen Bauwerk« einkalkulieren, kündigte Scholz an.

Die Stadt müsste das Konzerthaus vorfinanzieren und die juristischen Auseinandersetzungen mit Hochtief würden sich über Jahre hinziehen.

Die Elbphilharmonie galt und gilt als »Leuchtturmprojekt« der Hansestadt und soll eines der zehn besten Konzerthäuser der Welt werden. Ursprünglich sollte das »Jahrhundertbauwerk« der Schweizer Architekten Herzog & de Meuron den Steuerzahler lediglich 77 Millionen Euro kosten und 2010 fertiggestellt sein. Mittlerweile wurde die Summe deutlich nach oben korrigiert. Die Steuerzahler müssen demnach mindestens 323 Millionen Euro aufbringen. Doch das könnte immer noch nicht ausreichen. Inzwischen gibt es Schätzungen, die die Summe bei 500 Millionen Euro sehen. Eröffnet werden soll das Konzerthaus auch erst im Frühjahr 2016.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal