Sehnsucht nach dem perfekten Sprung

Gregor Schlierenzauer setzt sich nach der Titelverteidigung bei der Vierschanzentournee neue Ziele

  • Eric Dobias, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Als 16-Jähriger debütierte Gregor Schlierenzauer im Weltcup. Sieben Jahre später ist er nach dem zweiten Sieg bei der Vierschanzentournee im Skisprungolymp angekommen. Ein Ende der Erfolgsserie des zum Mann gereiften Jungstars ist nicht in Sicht.

Nachdem Gregor Schlierenzauer als erst achter Skispringer der Historie seinen Titel bei der Vierschanzentournee am Sonntagabend in Bischofshofen verteidigt hatte, übermannten ihn die Gefühle. Ausgelassen bejubelte der Überflieger aus Österreich am Vorabend seines 23. Geburtstages den neuerlichen Triumph, mit dem er seine Erfolgskarriere um ein weiteres ruhmreiches Kapitel erweitert hatte.

»Ich will immer ganz oben stehen«, lautet das Motto des ehrgeizigen Tirolers, der trotz seines jungen Alters nur noch zwei sportliche Ziele hat. In Sotschi möchte Schlierenzauer 2014 den ersten Olympiasieg im Einzel landen und auf dem Weg dorthin den Siegrekord von Matti Nykänen knacken. Die finnische Skisprunglegende stand im Weltcup 46 Mal ganz oben auf dem Podium, Schlierenzauer hat 45 Erfolge auf seinem Konto. »Das sind zwei große Fische. Das Geniale ist, dass ich noch sehr jung bin und keinen Zeitdruck habe«, sagt er.

Als Schlierenzauer am 12. März 2006 im Weltcup debütierte, deutete der damals 16-Jährige mit Rang 24 sogleich sein Potenzial an. Im Dezember des gleichen Jahres feierte der mit einem überragenden Fluggefühl gesegnete Ausnahmespringer in Lillehammer seinen ersten Sieg und avancierte zum sechstjüngsten Weltcupgewinner der Skisprunggeschichte.

Mit zwei Tageserfolgen bei der Vierschanzentournee 2006/07 wurde er schnell seinem Ruf als Jahrhunderttalent gerecht, den Gesamttriumph musste er damals aber dem Norweger Anders Jacobsen überlassen. Dieses Mal drehte er den Spieß um und nahm damit späte Revanche. Besondere Genugtuung empfindet er deshalb nicht. »Ich bin gelassener geworden«, erklärt er.

Mit Niederlagen konnte Schlierenzauer lange nicht umgehen, was ihm oft als Arroganz ausgelegt wurde. Mittlerweile haben die Erfahrungen im Sport den mehrmaligen Weltmeister zu einem jungen Mann reifen lassen, dessen Blick sich geschärft und über die Schanzen hinaus geweitet hat.

Der Flugstilist ist dank seiner Erfolge auf der Schanze ein gefragter Mann in der Werbung und längst Millionär. Die Sehnsucht nach dem perfekten Sprung und die Sucht nach Erfolgen treibt ihn dennoch weiter an. Trotz seines jungen Alters hat er bereits etliche vorzuweisen. Olympiagold mit der Mannschaft 2010, Einzelweltmeister 2011, viermal WM-Champion mit dem Team und vier WM-Titel beim Skifliegen stehen unter anderen zu Buche. »Es ist ein riesiges Privileg, dass man das alles schon geschafft hat«, sagt er.

Dennoch nimmt sich Schlierenzauer nicht mehr so wichtig wie noch zu Beginn seiner Karriere. In seiner Freizeit sucht er die Abgeschiedenheit, bereist gern ferne Länder und fotografiert viel. In Wien hatte er vor der Tournee 60 ausgewählte Motive in einer Ausstellung unter dem Titel »Stille Momente« präsentiert. Die Bilder sagen viel aus über Schlierenzauer, der betont: »Für mich ist ein stiller Moment, wenn ich ich selbst bin, wenn ich das tun darf, was mir irrsinnig Spaß bringt, wenn ich mich weiterentwickeln kann.«

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