Neuer Weg zum Ur-Kilo?

Neuartige Präzisionsuhr kann Atome wiegen

  • Lesedauer: 2 Min.

Washington (dpa/nd). Eine neuartige Präzisionsuhr kann einzelne Atome wiegen. Die Erfinder um Holger Müller von der Universität von Kalifornien in Berkeley präsentieren ihre Technik im US-Fachjournal »Science« (DOI: 10.1126/science.1230767). Das Verfahren könnte auch eine Neudefinition des Kilogramms ermöglichen, schreiben die Wissenschaftler. Das Kilogramm ist die letzte Grundgröße im internationalen System der Maßeinheiten, die nicht über fundamentale Naturkonstanten definiert ist.

Für ihre neuartige Atomuhr machten sich Müller und sein Team ein Phänomen der Quantenphysik zunutze. Die besagt, dass sich Teilchen auch als Materiewellen betrachten lassen. Die charakteristische Frequenz dieser Wellen, die sogenannte Compton-Frequenz, hängt von der Masse des jeweiligen Teilchens ab. Die Wissenschaftler nutzten Materiewellen von Cäsium-Atomen als Taktgeber. »Unsere Uhr geht auf sieben Milliardstel genau«, erläuterte Müller in einer Mitteilung seiner Universität. »Das entspricht einer Sekunde in acht Jahren und ist ungefähr so gut wie die allererste Cäsium-Atomuhr vor 60 Jahren.«

Aktuelle Atomuhren gehen rund 100 Millionen Mal genauer. Aber möglicherweise lasse sich die Compton-Uhr zu höherer Präzision weiterentwickeln, meinen die Forscher. Zudem lässt sich die Uhr auch andersherum benutzen: »Wenn man den Takt unserer Uhr kennt, weiß man auch die Masse des Teilchens«, erläuterte Müller. »Und sobald man die Masse eines Atoms kennt, können die Massen von anderen darauf bezogen werden.« Auf diese Weise könnte es möglich werden, das Kilogramm neu zu definieren, glauben die Forscher.

Seit Jahren bemühen sich Metrologie-Experten, das Kilogramm wie die übrigen Grundeinheiten über Naturkonstanten zu definieren. Dazu existieren verschiedene Vorschläge. Gegenwärtig ist das Maß aller Dinge nach wie vor das Urkilo, ein Platin-Iridium-Zylinder, der im Internationalen Büro für Maße und Gewichte in Paris gehütet wird. Zwar existieren Kopien des Urkilos in verschiedenen Ländern, doch lässt es sich auf diese Weise nicht so einfach und präzise reproduzieren, wie es bei der Definition über eine Naturkonstante wie etwa eine Materiewelle möglich wäre. Zudem hatten sich die Massen der einzelnen Exemplare des Urkilos im Verlauf der letzten 100 Jahre geringfügig verändert, so dass sie von einander abweichen. Analysen fanden Anlagerungen von Kohlenwasserstoffen.

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