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Das Land der Schweine

Niedersachsen ist stark ländlich geprägt, viele Einwohner arbeiten aber inzwischen in Industriestandorten

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Niedersächsische Arbeiter sind zumeist im Hamburger Hafen oder bei Volkswagen angestellt. Schlechtere Arbeitsbedingungen herrschen in manchen Schlachtbetrieben.

Im Land der Gegensätze leben acht Millionen Menschen und acht Millionen Schweine. Die Nutztierhaltung hat vor allem das Emsland wohlhabend gemacht. Die sogenannte Veredelungswirtschaft ist wichtiger Teil der starken Industrie Niedersachsens, und viele Großbetriebe wie Rothkötter oder PHW (Marke »Wiesenhof«) nutzen die menschenarmen Weiten der norddeutschen Tiefebene für Futteranbau, Massenmast, Schlachtung und Verarbeitung. Jedes dritte Schwein, welches in Deutschland geschlachtet wird, endet in Niedersachsen - mehr als 15 Millionen werden es in diesem Jahr sein. Die Folgen sind zu viel Gülle, zu viele Keime, belastete Böden und unwürdige Tierhaltung.

Werkverträge werden missbraucht

Die Grünen wollen die schwarz-gelbe Regierung des Ministerpräsidenten David McAllister (CDU) »agrarpolitisch umstellen«. Eine Agrarwende könnte aber auch schlechte Arbeitsbedingungen verbessern. »Der Missbrauch von Werkverträgen und Leiharbeit und absolute Dumpinglöhne sind in dieser Branche längst an der Tagesordnung«, klagte Franz-Josef Möllenberg, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, auf der Verbraucherschau »Grüne Woche« in Berlin. Um die fünf Euro die Stunde zahlt mancher Schlachtbetrieb. Etwa 750 000 Beschäftigte in Niedersachsen sind Teilzeitkräfte, haben einen befristeten Arbeitsvertrag oder gehen einer geringfügigen Beschäftigung nach. Auf diese Menschen zielt der von Sahra Wagenknecht beflügelte Wahlkampf der Linkspartei.

Am anderen Ende der Nahrungskette liegt tief im Osten des Landes die Stadt Wolfsburg. Hier ist das Stammwerk von VW. Die kleine Großstadt wurde 1938 von den Nazis am Mittellandkanal gegründet, um die Arbeiter des neuen »Volkswagen«-Werkes aufzunehmen. Typisch für die gewerkschaftlich organisierte und einträglich entlohnte Auto-Großfamilie ist die SPD-Landtagskandidatin und Ortsbürgermeisterin der Wolfsburger Nordstadt, Immacolata Glosemeyer: Deren Vater, Mann und Sohn schaffen bei VW. Schon die Ausbildungsvergütung beträgt über 1000 Euro, Arbeiter kommen auf mehr als 3000 Euro im Monat, Meister auf 5000 Euro. Am nach Toyota und General Motors weltgrößten Hersteller ist - trotz mehrerer Vorstöße aus Brüssel - immer noch das Land Niedersachsen mit 20,1 Prozent beteiligt.

Milliardeninvestition in den Jade-Weser-Port

Geld gibt es auch im benachbarten Bundesland Hamburg zu verdienen: Ausgerechnet der Hafen der Hansestadt ist der zweitgrößte Arbeitgeber Niedersachsens - trotz der Meyer Werft, in der Walt Disney seine Kreuzfahrtschiffe tief im Binnenland bauen lässt, trotz Continental und TUI. 22 000 Niedersachsen verdienen ihr Geld in Deutschlands größtem Hafen. Dabei waren es die Ministerpräsidenten Christian Wulff und David McAllister (beide CDU) in Hannover, die mit Rücksicht auf Elbanwohner, die um die Sicherheit ihrer Deiche fürchten, den Fahrrinnenausbau blockierten. Die dicken Pötte mit mehr als 10 000 Containern an Bord werde der Engpass in den neuen Tiefseehafen Jade-Weser-Port (JWP) an Niedersachsens Nordseeküste umleiten. Hofft man in Hannover bislang vergeblich. Eine Milliarde Euro haben dazu die Länder Niedersachsen und Bremen sowie der Hafenbetreiber Eurogate in den JWP investiert. Planung und Bau dauerten insgesamt 16 Jahre.

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