Wider eigene Ansprüche
Rainer Balcerowiak über das Bundestagswahl-Thema Mindestlohn
Die gewerkschaftlichen Forderungen nach einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro und der Eindämmung von Leiharbeit werden zu den großen Themen im Bundestagswahlkampf gehören. Da kann man wohl von einem klassischen Eigentor sprechen, wenn ausgerechnet der DGB über eine Tochterfirma auf dem Leiharbeitsmarkt aktiv ist und dort Beschäftigten sowohl den geforderten Mindestlohn als auch die tarifliche Vergütung verweigert. Und dass besagte Firma in einem Unternehmerverband organisiert ist, der mit dem DGB Tarifverträge abgeschlossen hat, die den im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz festgelegten Grundsatz der gleichen Bezahlung von Leih- und Stammkräften unterlaufen, hat ebenfalls ein merkwürdiges Geschmäckle.
Bislang reagiert der DGB auf den von der unabhängigen Hafenarbeitergewerkschaft contterm aufgedeckten Skandal mit halbherzigen Versuchen zur Schadensbegrenzung. So sollen die betroffenen Arbeitnehmer künftig mindestens 8,50 Euro pro Stunde bekommen, ein rückwirkender Ausgleich ist allerdings nicht vorgesehen. Das reicht nicht. Der DGB muss sicherstellen, dass in seinen Firmen nicht nur Mindestlöhne, sondern tarifliche Vergütungen bezahlt werden. Und er sollte generell die Frage prüfen, ob sich unternehmerische Tätigkeit in der Zeitarbeitsbranche mit gewerkschaftlichem Selbstverständnis vereinbaren lässt.
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