Undurchsichtige Rüstung

Transparency International: Verteidigungssektor in vielen Ländern korruptionsanfällig

Wie anfällig sind Staaten für Korruption im Verteidigungssektor? Sehr, sagt die Antikorruptionsorganisation Transparency International. Nur zwei Länder haben es in die beste Kategorie geschafft: Deutschland und Australien.

Der Government Defence Anti-Corruption Index, so der Titel der Studie, die vom sicherheits- und verteidigungspolitischen Programm von Transparency International Großbritannien zum ersten Mal erstellt wurde, kategorisiert 82 Staaten. Grundlage ist deren Bemühungen, das Risiko von Korruption im Verteidigungssektor zu senken.

Die beiden Länder, die es in die höchste von sieben Stufen der Antikorruptionsmaßnahmen geschafft haben, sind Deutschland und Australien. Diesen werden eine hohe Transparenz und starke institutionalisierte Maßnahmen zur Vermeidung von Korruption bescheinigt. Knapp 30 Prozent der untersuchten Staaten weisen eine hohe bis mittelmäßige Transparenz und Antikorruptionsmaßnahmen mit Mängeln auf. Darunter befinden sich die USA, Großbritannien und Frankreich. 57 Länder hingegen haben nur schwache oder gar keine Abwehrmechanismen.

Erfasst sind so 20 der 30 größten Waffenimporteure und 16 der 30 größten Waffenexporteure. Insgesamt waren die 82 untersuchten Staaten verantwortlich für 94 Prozent der weltweiten Militärausgaben - über 1,6 Billionen US-Dollar im Jahr 2011. Sie wurden anhand von 77 Fragen in den fünf Kategorien Politik, Finanzen, Personal, Operationen und Auftragsvergabe bewertet.

Der Bundesrepublik attestiert Transparency in diesen Bereichen im Wesentlichen ein hohes Maß an Kontrolle. So habe man eine starke parlamentarische Aufsicht über den Militärhaushalt, der zudem öffentlich einsehbar sei. »Dass Transparency International Deutschland ein geringes Risiko bei Rüstungskäufen attestiert, ist schön und gut. Aber es ist nur die eine Seite der Medaille«, erklärt der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Jan van Aken. Von den besten Kunden der deutschen Waffenindustrie fänden sich gleich sechs auf der Liste der Staaten, in denen Transparency ein hohes bis kritisches Korruptionsrisiko identifiziert, darunter Irak, Saudi-Arabien, Ägypten und Algerien, so van Aken. »Deutsche Rüstungskonzerne mögen hierzulande nicht schmieren, wie eine Reihe von aktuellen Ermittlungen - beispielsweise in Indien - aber zeigen, tun sie es wohl im Ausland.«

Neben guten Bewertungen hat Transparency auch einige Kritikpunkte: Eine mangelnde Beteiligung von zivilgesellschaftlichen Organisationen an Aktionen der Regierung zur Korruptionsbekämpfung, Defizite bei der Korruptionsprävention bei Auslandseinsätzen, weil Korruption nicht als wesentliches Risiko in einschlägigen Leitlinien hervorgehoben werde, und fehlende Transparenz in der Rüstungsexportpolitik.

Gerade die Rüstungsexporte stehen immer wieder in der Kritik, weil im Bundessicherheitsrat in geheimen Sitzungen ohne parlamentarische Beteiligung über den Export von Kriegswaffen in Staaten außerhalb der NATO entschieden wird. Der Bundestag und die Öffentlichkeit erfahren erst später durch den jährlichen Rüstungsexportbericht von den Entscheidungen. »Es gibt in Deutschland weder transparente Verfahren noch parlamentarische Kontrolle. Der jährliche Rüstungsexportbericht wird viel zu spät vorgelegt, so dass die dort aufgeführten Vorgänge längst nicht mehr aktuell sind«, kritisiert Katja Keul, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag. »Wir fordern zeitnahe Informationen auch im Vorfeld sensibler Entscheidungen. Dazu wollen wir ein parlamentarisches Gremium, damit durch Stellungnahmen auf die Willensbildung der Regierung Einfluss genommen werden kann«, so Keul. »Wir haben hierzu Eckpunkte für ein Rüstungsexportgesetz beschlossen, die wir gegebenenfalls in Koalitionsvereinbarungen einbringen wollen.«

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