Unbequeme Dopingjäger

Der Streit zwischen Sportverbänden und Welt-Antidoping-Agentur verschärft sich - IOC setzt eine Sonderkonferenz an

  • Sven Busch, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Welt-Antidoping-Agentur WADA gerät unter Beschuss. Es fehle an Kooperationsbereitschaft und Effektivität. Jetzt will das IOC eine Sonderkonferenz einberufen.

Es hagelt Vorwürfe von allen Seiten. Zu wenig kooperativ, zu selbstherrlich und zu ineffektiv - so sehr stand die Welt-Antidoping-Agentur WADA in ihrer 14-jährigen Geschichte noch nie im Kreuzfeuer. Auf Druck der internationalen Sportfachverbände hat das Internationalen Olympischen Komitee (IOC) eine Sonderkonferenz beschlossen, auf der Ende April oder Anfang Mai in Lausanne die Rolle der WADA diskutiert werden soll. »Die Beziehungen zur WADA haben sich dramatisch verschlechtert. Die fehlende Unterstützung der WADA vor dem Hintergrund der ständigen Medienkritik an ihren Sportpartnern und der Vertrauensbruch müssen als oberste Priorität besprochen werden«, forderte der Italiener Francesco Ricci Bitti, Präsident der Vereinigung aller olympischen 26 Sommersportverbände (ASOIF) und zudem Chef des Tennisweltverbandes, in einem Brief an IOC-Präsident Jacques Rogge.

Bei der außerordentlichen Sitzung, zu der die Weltverbände, Spitzenfunktionäre Nationaler Olympischer Komitees und Athleten eingeladen werden, soll auch die künftige Führung der WADA besprochen werden. Die sechsjährige Amtszeit von Präsident John Fahey läuft am Jahresende aus. Das Verhältnis zwischen dem IOC und der WADA gilt seit Langem als stark belastet. Das IOC hatte die Antidoping-Organisation 1999 ins Leben gerufen und kommt immer noch für 50 Prozent des WADA-Jahresbudgets in Höhe von 26 Millionen Euro auf.

Nicht nur der »Krieg der Worte« (BBC) zwischen der WADA und dem Radsportweltverband UCI nach dem Dopingskandal um Lance Armstrong signalisierte atmosphärische Störungen. Mit den Beleidigungen, die UCI sei »hinterlistig«, »einseitig« und »arrogant«, hatte die WADA die ohnehin angespannte Lage weiter angeheizt. Der Radverband wiederum bezichtigte die WADA der Lüge. Inzwischen haben die Dopingjäger auch den Weltverbänden im Fußball und Tennis vorgeworfen, nachlässig und inaktiv im Kampf gegen Doping zu sein. »Die Situation hat einen Tiefstand erreicht. Es besteht die Sorge, dass die Kooperation noch schlechter wird, wenn es so weitergeht«, sagte ASOIF-Direktor Andrew Ryan.

Vor allem das Auftreten von WADA-Chef John Fahey stößt in der olympischen Familie auf breite Ablehnung. Knapp eine halbe Milliarde Euro werde pro Jahr für Dopingkontrollen ausgegeben, aber nur wenige Athleten würden mit positiven Tests erwischt, lautet der Hauptvorwurf an die Adresse Faheys. Die WADA-Spitze hatte im Vorjahr dagegen die IOC-Führung kritisiert, zu wenige der eingefrorenen Proben der Spiele von Athen 2004 nachuntersucht zu haben. »Das Vertrauen ist zerbrochen. Es gibt inzwischen verschiedene Verbände, die gegen die WADA giften und umgekehrt«, gab Ryan zu.

Auf der vierten Welt-Antidoping-Konferenz im November in Johannesburg soll das IOC den neuen WADA-Präsidenten vorschlagen. Es ist festgelegt, dass die olympische Bewegung und Staatsregierungen das Präsidentenamt der WADA alternierend besetzen. Fahey, der 2007 IOC-Mitglied Dick Pound an der WADA-Spitze abgelöst hatte, war früher Finanzminister in Australien. Der Appell von IOC-Chef Rogge an alle Beteiligten, sich zusammenzuraufen, blieb bis jetzt unerhört.

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