- Kommentare
- Meine Sicht
Schlicht fatal
Martin Kröger fordert eine mietdämpfende Politik
Die Mietenentwicklung in Berlin gerät immer mehr außer Kontrolle. Das legt selbst der durch die »Nettokaltmietenberechnung« geschönte IBB-Wohnungsmarktbericht mit aller Deutlichkeit dar. Und was tut der Senat? Er behauptet zwar, das Thema Wohnen in Berlin als »Nummer eins« erkannt zu haben, schickt zur gestrigen Pressekonferenz des Wohnungsmarktberichts jedoch lediglich einen Staatssekretär - während Stadtentwicklungssenator Michael Müller lieber mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (beide SPD) am Runden Tisch über ein Loch in der East Side Gallery brütete. So wichtig ist die Mietenproblematik für den Senat offenbar doch nicht.
Für die Berlinerinnen und Berliner ist die Unfähigkeit der Politik, die Mietentwicklung zu dämpfen, indes schlicht fatal: Weil die Mieten in der Innenstadt am schnellsten steigen, werden immer mehr Bürger verdrängt. Da es jedoch auch in den Außenbezirken und am Stadtrand kaum noch günstigen Wohnraum gibt, bleibt nichts anderes, als sich zu verschulden oder am Essen zu sparen.
● Laut Prognose der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung steigt die Einwohnerzahl Berlins bis 2025 um rund 250 000 Menschen auf dann 3 755 000 an. Allein 2011 zogen 40 000 Menschen nach Berlin, 24 000 aus dem Ausland.
● Um den steigenden Wohnungsbedarf zu decken, müssten 10 - 12 000 neue Wohnungen pro Jahr gebaut werden. 2011 waren es 3517.
● Der durchschnittliche Quadratmeterpreis bei Neuvermietungen liegt in Berlin 2012 bei 7,40 Euro (2011: 6,49 Euro).
● Die durchschnittliche Nettokaltmiete stieg in Berlin von 2002 bis 2010 um 22 Prozent. In Pankow lag sie 2010 5,34 Euro, in Marzahn-Hellersdorf bei 4,64 Euro pro Quadratmeter. SF
Einen Hoffnungsschimmer bietet zumindest die neue soziale Mietenbewegung in Berlin, die zurzeit Widerstand gegen die Zwangsräumungen organisiert und Druck auf den rot-schwarzen Senat macht, beim Wohnungsthema zu handeln. Das ist auch bitter nötig, denn Besserung ist kaum in Sicht. Im Gegenteil: Durch den massiven Zuzug nach Berlin wird der Druck auf die Mieten in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen. Die rund 3500 neuen Wohnungen, die 2012 gebaut wurden, helfen da kaum - und Mittel für neue Sozialwohnungen sucht man im neuen Haushalt auch vergebens.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.