Wird sie doch ab 1997 rückwirkend gezahlt?

Ghettorente

  • Lesedauer: 2 Min.
Der Bundesverband Information & Beratung für NS-Verfolgte verweist auf Signale aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Danach sollen Antragsteller, die ihre Anträge auf eine sogenannte Ghettorente fristgemäß gestellt haben, nun auch nach einem Wiederaufnahmeverfahren in den Genuss einer Nachzahlung ab 1997 kommen.

Ursprünglich waren die meisten Anträge auf eine »Ghettorente« abgelehnt worden. Erst nach Entscheidungen des Bundessozialgerichts wurden diese Ablehnungen von Amts wegen überprüft und zum großen Teil doch noch positiv beschieden. Die Rentenversicherung weigerte sich nun allerdings, eine im Gesetz vorgesehene rückwirkende Zahlung ab 1997 vorzunehmen und ließ nur eine Rückwirkung von vier Jahren zu. Diese Ungerechtigkeit soll nun behoben werden.

Das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (kurz: Ghettorentengesetz) ist ein deutsches Gesetz zur Anerkennung von freiwilliger Arbeit während des Aufenthaltes in einem Ghetto während der Zeit des Nationalsozialismus. Die Ghettorente stellt eine Wiedergutmachungs- oder Entschädigungsleistung dar.

Das Gesetz wurde 2002 vom Bundestag verabschiedet. Der Bundestag folgte damit einem Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts zum Ghetto Łódz, in dem festgestellt wurde, das solche Tätigkeiten »Merkmale eines ordentlichen Arbeitsverhältnisses aufweisen«. Daraus ergeben sich Rentenansprüche für Betroffene als auch Hinterbliebene von jüdischen Ghettobewohnern in den ehemals von Deutschland besetzten Gebieten.

Anspruchsberechtigt ist, wer im oder außerhalb des Ghettos gearbeitet hat. Die Antragsfrist für einen fixen Rentenbeginn 1. Juli 1997 endete im Juni 2003. Es können jedoch weiterhin Anträge gestellt werden. Gehaltsempfänger betreut die Deutsche Rentenversicherung, Lohnempfänger die verschiedenen Regionalträger der Rentenversicherungen.

Das Bundessozialgericht (BSG) hatte in seinen Entscheidungen vom 2. und 3. Juni 2009 die Auslegung des Gesetzes in einigen Punkten entscheidend verändert und war erstmals vom üblichen Typus des versicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses in der Rentenversicherung abgewichen.

Damit wollte das Bundessozialgericht den Lebensverhältnissen in den Ghettos und dem Willen des Gesetzgebers hinsichtlich des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) Rechnung tragen und die Ghettobeschäftigten in die deutsche Rentenversicherung einbeziehen.

Nach neuerer Rechtsprechung ist die bisher restriktive Handhabe, wonach »Rente nur für freiwillige Arbeit gezahlt wird, die Ghettoarbeit aber Zwangsarbeit und bereits von der Stiftung ›Erinnerung, Verantwortung und Zukunft‹ entschädigt« sei, nicht mehr zulässig.

Unter Zuhilfenahme von Historikern gelang es zu beweisen, dass die Menschen im Ghetto - im Unterschied zum KZ - sich um eine Arbeit selbst bemühen mussten. Ihre Arbeit gilt damit juristisch als »freiwillig«.

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