Heilige Kühe des Schulwesens
Es ist ambitioniert, was Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Waltraud Wende im nd-Interview auf dieser Seite verspricht: Sekundarstufenlehrer sollen nicht mehr aufgeteilt nach den Schularten Haupt- und Realschule sowie Gymnasium ausgebildet werden. Eine der heiligen Kühe des deutschen Bildungssystems - die ständische Ordnung an den Schulen - würde damit zwar nicht geschlachtet werden, würde aber ihren Heiligenschein verlieren.
Bildungspolitik in Deutschland bedeutet nicht allein wegen des Föderalismus mühsames Bohren dicker Bretter. Generationen von Politikern sind an der Reform der Schulstruktur gescheitert. In der Bildung reden viele mit: Finanzpolitiker, die das Geld bereit stellen müssen, Lobbyorganisationen der Realschul- und Gymnasiallehrer wie der Deutsche Lehrerverband oder der Philologenverband, Elternorganisationen, die wiederum von der Gymnasialklientel geprägt sind, kurzum: es ist ein vielstimmiger Chor, in dem sich Bildungspolitiker, die das längere gemeinsame Lernen zum Ziel haben, schwer Gehör verschaffen können.
Waltraud Wendes Vorhaben ist ambitioniert. Über die Erfolgsaussichten, langfristig das gegliederte Schulsystem auf das gemeinschaftliche Lernen umzustellen, sagt das wenig aus. Das Beispiel Hamburg zeigt, wie schwer sich selbst Landesregierungen mit Parlamentsmehrheit tun. Der erfolgreiche Volksentscheid gegen die sechsjährige Grundschule in der Hansestadt habe gezeigt, dass sich Politik nicht über den Elternwillen hinwegsetzen dürfe, meint Wende im nd-Interview. Eine fragwürdige Interpretation des Begriffs »Elternwille«. Durchgesetzt haben sich in Hamburg die Eltern, die sich am besten organisieren konnten - jene aus dem arrivierten, bildungsbewusste Bürgertum.
Das komplette Interview lesen Sie am 22.03.2013 auf Seite 14 in »neues deutschland«. Für Nutzer des Print-, Kombi- bzw. Online-Abos ist es über »mein nd« zugänglich.
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