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Auf Extremistenjagd

SPD-Innenminister fordern mehr Beteiligung der Länder

  • Folke Havekost, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.
In Hamburg trafen sich am Freitag die SPD-Innenminister. Neben einer effizienteren Zusammenarbeit von Bundes- und Landesbehörden bei der Extremismusbekämpfung appellierten sie auch an den Bundestag, sich dem NPD-Verbostverfahren anzuschließen.

In einer »Hamburger Erklärung« fordern die sozialdemokratischen Länderinnenminister eine stärkere Beteiligung der Bundesländer in der Extremismusbekämpfung. Die acht SPD-Vertreter versammelten sich am Freitag in der Hansestadt.

»Wir müssen die Sicherheitsarchitektur anders definieren und brauchen endlich eine verbindliche Zusammenarbeit der Behörden von Bund und Ländern«, forderte der Sprecher der sozialdemokratischen Innenminister, Nordrhein-Westfalens Ressortchef Ralf Jäger mit Blick auf das im November 2012 von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) eröffnete Gemeinsame Extremismus- und Terrorabwehrzentrum GETZ: »Um zu schnelleren und besseren Ermittlungsergebnissen zu kommen, brauchen wir keine zentralistische Megabehörde des Bundes, sondern eine gelebte Kooperation auf Augenhöhe.«

Das GETZ vereinigte das Gemeinsame Abwehrzentrum Rechtsextremismus mit den weiteren Verfassungsschutz-Spielfeldern Linksextremismus, Ausländerextremismus, Spionage und Waffenhandel. In der »Hamburger Erklärung« wurde neben Rechtsextremismus der »gewaltbereite Salafismus« als Grund genannt, warum aufgrund »der aktuellen Entwicklungen für unsere Sicherheitsbehörden weiterhin das Gebot höchster Wachsamkeit« gelte.

Friedrich habe noch keinen Gesetzentwurf zur besseren Koordination und Kooperation der Verfassungsschutzbehörden vorgelegt, kritisierte Jäger und forderte »ein tragfähiges Gerüst für eine effektive Zusammenarbeit«. Darunter verstehen die SPD-Innenpolitiker auch »eine räumliche Zusammenlegung der Gemeinsamen Zentren an einen Standort«. Die Eröffnung des in Köln und bei Bonn lokalisierten GETZ vor fünf Monaten war von zahlreichen SPD-Landesinnenministern boykottiert worden, weil sie sich von Bundesminister Friedrich übergangen fühlten.

Vor dem Hintergrund des beginnenden NSU-Prozesses wandte sich der Konferenz-Gastgeber, Hamburgs Innensenator Michael Neumann, gegen die Entscheidung der Bundesregierung, keinen NPD-Verbotsantrag zu unterstützen. »Wir sind einigermaßen entsetzt, insbesondere über die Haltung der FDP«, sagte Neumann und appellierte an den Bundestag, als zweites Verfassungsorgan nach dem Bundesrat ein Verbotsverfahren zu beantragen: »Ich bin sicher, dass es in einer freien Abstimmung eine breite Mehrheit im Bundestag geben würde.«

Die Geldnot der NPD - die Partei kündigte ihren Beschäftigten in der Bundeszentrale in Berlin - ist für die SPD kein Grund auf das Verbotsverfahren zu verzichten. Jäger sagte: »Wir wollen diese Partei ja nicht verbieten, weil sie Personal in ihrer Bundesgeschäftsstelle beschäftigt, sondern weil wir der Auffassung sind, sie ist eine Gefahr für die Demokratie.«

Auch Integrations- und Migrationspolitik stand auf der Tagesordnung der SPD-Minister. Der Zuzug von Roma aus den EU-Staaten Bulgarien und Rumänien drohe »die Integrationskraft in einigen Stadtgemeinschaften« zu überfordern, warnte Jäger und warb um finanzielle Unterstützung der Kommunen, um Gesundheitsversorgung und Schulbesuch für die Flüchtlinge sicherzustellen. Zur Bekämpfung der Ursachen in den Herkunftsländern wollen die Innenminister den südosteuropäischen Behörden gegebenenfalls »Verwaltungswissen« zur Verfügung stellen.

Etwa 85 000 Menschen, die seit langem in Deutschland leben, rechtlich aber nur geduldet sind, soll ein gesicherter Aufenthaltsstatus ermöglicht werden. Einige Vorschriften im Ausländerrecht seien »mit Menschenverstand nicht mehr zu erklären«, so Neumann. Bei »nachhaltiger Integration« sollen Menschen, die seit vier bis acht Jahren in Deutschland leben, eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Neumann verwies auf eine Bundesratsinitiative gegen den »dauerhaften Zustand der Kettenduldung«, »damit es gelingt, den Menschen mit einem faktischen, aber nicht juristischen Aufenthaltsrecht vom Damoklesschwert der Rückführung zu befreien«.

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