Belgrader Dilemma
Detlef D. Pries über die Entscheidung der Regierung Serbiens zum Norden des Kosovo
Bis heute hatte die EU der Regierung Serbiens Zeit für die Entscheidung eingeräumt, ob sie dem Plan für das kleine, von rund 40 000 Serben besiedelte Gebiet im Norden Kosovos zustimmt. Einzelheiten des Vorschlags sind nicht bekannt, wohl aber die Worte, mit denen Kosovo-Premier Hashim Thaci vor einer Woche in die vorerst letzte Runde der Gespräche in Brüssel ging: »Wir sind zum Dialog bereit, aber unsere Position werden wir nicht ändern.« Das war die Absage an jeden Kompromiss: Die Serben in Nordkosovo sollen sich Thacis Regierung in Priština unterordnen, großzügige Autonomie wird nicht gewährt.
Dagegen wehren sich sowohl die Betroffenen als auch die Regierung in Belgrad. Allerdings sieht sich Serbien durch Thacis EU-Paten vor ein Ultimatum gestellt: Entweder sie akzeptiert den Vorschlag oder der Weg zu Verhandlungen über Serbiens EU-Beitritt bleibt versperrt. Ein dringenderes Bedürfnis, als endlich ein Datum für den Beginn von Aufnahmegesprächen zugeteilt zu bekommen, scheint es in Serbien indes nicht zu geben. Ohne »das Datum« drohe die wirtschaftliche Katastrophe, heißt es. Andererseits käme die Zustimmung zum Kosovo-Plan einer Kapitulation gleich. Hatte Belgrad doch stets beteuert, nie werde man die Landsleute in Kosovo im Stich lassen. Wie soll man denen auch erklären, dass ihnen zuzumuten ist, wogegen sich Kosovos Albaner mit Gewalt und NATO-Unterstützung auflehnten: die Unterordnung unter eine als feindlich angesehene Regierung. So ist Serbiens Nachricht an die EU (vorerst) »Nein!«
Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.
Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser*innen und Autor*innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen
Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.