Blutige Erdbeeren

Rassistische Gewalt in Griechenland: Schüsse auf Arbeiter aus Bangladesch

  • Anke Stefan, Athen
  • Lesedauer: 3 Min.
Ein Verbrechen wirft ein Schlaglicht auf Arbeitsbedingungen: Der Besitzer einer griechischen Erdbeerplantage ließ auf Saisonarbeiter aus Bangladesch schießen.

»Verschwindet, sonst legen wir euch um - und wenn ihr wieder herkommt, machen wir euch fertig«, sollen die Aufseher nach Angaben eines Betroffenen gesagt haben. Dann eröffneten sie das Feuer auf etwa 200 Erdbeerpflücker, die die Auszahlung der ihnen zustehenden Tagelöhne forderten.

27 Arbeiter wurden durch die Schüsse am Mittwoch im griechischen Manolada verletzt, die Geschosse trafen teilweise Auge und Kopf sowie innere Organe der überwiegend aus Bangladesch stammenden Pflücker.

Die Polizei nahm wenig später den Besitzer der Erdbeerplantage fest, nach den Tätern, die geschossen hatten, wird noch gefahndet. Berichten zufolge ist zumindest einer bekannt. Er soll im August vorigen Jahres einen aus Ägypten stammenden Pflücker an ein Motorrad gebunden und durch die Straßen geschleift haben.

Der mörderische Angriff am Mittwoch bildet den Gipfel der menschenunwürdigen Behandlung vorwiegend migrantischer Arbeiter durch die Agrarunternehmen in der für ihre Erdbeeren berühmten Region auf der Halbinsel Peloponnes. Bereits in den vergangenen Jahren waren Journalisten, die sich von den Lebens- und Arbeitsbedingungen der Agrararbeiter in der Region ein Bild machen wollten, ebenfalls von den Schlägern der Plantagenbesitzer angegriffen worden. Trotzdem drangen immer wieder Berichte durch, denen zufolge die bei der Ernte eingesetzten Wanderarbeiter skrupellos ausgebeutet werden. So müssen sie teilweise in glühender Sonne bis zu zwölf Stunden schuften. Jedes Nachlassen in der Geschwindigkeit wird von den Aufsehern mit Flüchen oder auch Prügel bestraft. Und das alles für einen Tageslohn von höchstens 25 Euro - unversichert. Vom Lohn werden den Pflückern noch bis zu drei Euro täglich »Miete« abgezogen, für die Unterbringung in meist direkt auf den Feldern stehenden elenden, aus Holz und Planen errichteten Baracken, ohne Strom und fließendes Wasser.

Auch die Verweigerung von Lohn ist gängige Praxis. Insbesondere wenn die Migranten ohne Arbeitserlaubnis beschäftigt werden, ängstigt man sie mit einer möglichen Anzeige bei der Polizei, anstatt sie zu bezahlen. Den Betroffenen droht im Falle der Anzeige Abschiebehaft und Ausweisung, der schwarz beschäftigende Unternehmer hat in der Regel keine Konsequenzen zu befürchten.

»In einer Zeit des Ausbruchs von Rassismus hat der Vorfall auch mit der fehlenden Kontrolle der Arbeitsbedingungen griechischer und ausländischer Arbeiter, insbesondere im Agrarsektor, zu tun«, so die sozialdemokratische Regierungskoalitionspartnerin PASOK zu den Schüssen. »Die Verletzung von Arbeitsrechten aufgrund der Herkunft der Arbeitenden bildet in jedem Fall eine rassistische Tat und muss als solche behandelt werden.«

Von einer »verbrecherischen, rassistischen Tat« sprach auch die größte Oppositionspartei im griechischen Parlament, SYRIZA. »Dies ist ein weiterer Fall von vielen derartigen, die sich in der Region Manolada zu Lasten von migrantischen Arbeitern ereignen, die außer von einer hemmungslosen Ausbeutung auch noch von Gewalt betroffen sind«, heißt es weiter in der Erklärung der Linksallianz.

Für die Kommunistische Partei gehört auch die Regierung zu den Schuldigen. »Regierung und die regionalen Behörden haben schwerste Verantwortung für die zeitgenössische Sklavenarbeit und die unmenschlichen Arbeitsbedingungen der migrantischen Arbeiter, die zu Phänomenen wie dem jetzigen verbrecherischen Angriff auf sie führen«, heißt es im Kommentar der KKE.

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