Pragmatische Rechte übernimmt Paraguay

Mit Horacio Cartes kehrt Colorado-Partei an die Regierung zurück / Linke erreicht nur schwaches Ergebnis

  • Harald Neuber
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Präsidentschaftswahlen in Paraguay sind erwartungsgemäß mit dem Sieg des konservativen Unternehmers und Großgrundbesitzers Horacio Cartes ausgegangen.

Der 56-jährige konnte bei der Wahl am Sonntag nach dem vorläufigen Endergebnis 45,8 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, während der liberale Herausforderer Efraín Alegre auf 36,9 Prozent kam. Mit dem politischen Neuling Cartes kehrt zugleich die Colorado-Partei an die Hebel der Macht zurück. Die langjährige Staatspartei, der auch der ehemalige Diktator (1954-1989) Alfredo Stroessner angehörte, war 2008 von dem linksgerichteten ehemaligen Bischof Fernando Lugo nach 60 Jahren von der Regierung verdrängt worden.

Die Allianz zwischen Lugo und der liberalen Partei währte jedoch nicht lange. Die Streitigkeiten endeten Mitte vergangenen Jahres in einer Amtsenthebung, die in der Region als »institutioneller Putsch« gewertet wird. Paraguay wurde bis zur Rückkehr zu demokratischen Verhältnissen aus allen relevanten Regionalorganisationen ausgeschlossen. Lugos ehemaliger Vertreter und bisherige De-facto-Präsident Federico Franco hatte diese Entscheidung mehrfach als illegal bezeichnet und scharf kritisiert.

Die Wahl Cartes’ ist nun vor allem ein Ausdruck des neuen Pragmatismus der paraguayischen Oligarchie. Franco wetterte bis zuletzt massiv gegen Kuba und Venezuela, bezeichnete den Tod von Venezuelas Präsident Hugo Chávez als »Wunder« und erkannte dessen Nachfolger Nicolás Maduro nicht an. Gegen die Aufnahme Venezuelas in das Wirtschaftsbündnis Mercosur wollte der Rechtspopulist rechtlich vorgehen. Bis zum Ausschluss Paraguays nach der Amtsenthebung Lugos hatte die rechtsliberale Kongressmehrheit die Aufnahme Venezuelas in das Bündnis blockiert. Nachdem die Mitgliedschaft Paraguays suspendiert wurde, bestätigten die übrigen Mercosur-Mitglieder die Vollmitgliedschaft des sozialistisch regierten Erdölstaates. Auch der designierte Präsident Horacio Cartes polemisierte zu Beginn des Wahlkampfes gegen Venezuela. Zuletzt aber bezeichnete er die Mitgliedschaft dieses Landes im Mercosur als eine Tatsache. Für Aufsehen sorgte hingegen, dass er Homosexuelle als »Affen« bezeichnete.

Die Linke hat sich von dem Parlamentsputsch vor zehn Monaten nicht erholt. Die Allianz Lugos ist zerstritten und kam auf nur 3,32 Prozent. Es wird nun an dem ehemaligen Armenpriester liegen, als einer von fünf Senatoren der linksgerichteten Frente Guasú die progressiven Kräfte neu aufzustellen. Der Erfolg der Linken kann nach erstem Ermessen nur über die politische Beteiligung der marginalisierten Teile der Bevölkerung führen. Mit knapp 69 Prozent lag die Wahlbeteiligung am Sonntag zwar höher als bei den vergangenen Abstimmungen, im regionalen Vergleich aber noch immer recht niedrig. Die 49 Prozent der städtischen Armen und 40 Prozent der Landbevölkerung sind in Paraguay traditionell nur schwach in den parlamentarischen Prozess eingebunden.

Die Reaktionen auf die relativ ruhig verlaufene Wahl waren weitgehend positiv. Nach Angaben des lateinamerikanischen Fernsehsenders Telesur kritisierten Vertreter der Union südamerikanischer Staaten zwar Unregelmäßigkeiten und die Behinderung linker Kräfte.

Die entscheidenden Signale kamen aber aus den Mercosur-Staaten Argentinien und Uruguay. Argentiniens Präsidentin Cristina Fernández beglückwünschte Cartes. Ihr uruguayischer Amtskollege José Mujica lud den designierten Präsidenten sogar zum Mercosur-Gipfel im Juni ein, knapp zwei Monate vor dessen Amtsübernahme am 15. August.

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