Massenphänomen Hoeneß

Bayern-Manager droht Medien mit Klagen, Kanzlerin geht auf Abstand

Wenn der FC Bayern heute Abend den FC Barcelona empfängt, will Präsident Uli Hoeneß trotz des Aufsehens um die Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung wie gewohnt im Stadion Platz nehmen. Befreundete Politiker von CDU und CSU gehen auf Abstand zu Hoeneß, während sich SPD, Grüne und LINKE über Wahlkampfhilfe freuen.

Auf der gestrigen Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Barcelona verbat sich der FC Bayern alle Fragen zum Thema Uli Hoeneß, zeitgleich waren derweil aber vertraute Töne aus München zu vernehmen. Im »Münchner Merkur« polterte Uli Hoeneß in gewohnter Kampfeslust: »Gegen die Exzesse in einigen Berichterstattungen werde ich mich anwaltschaftlich zur Wehr setzen«. Für eine Zeitung, drohte Hoeneß, werde das richtig teuer. Ansonsten werde er sich in nächster Zukunft nicht mehr zu dem Thema äußern.

Derweil geht so mancher Politiker auf Distanz zu Hoeneß, von dem am Sonnabend bekannt geworden war, dass er sich wegen eines Kontos in der Schweiz selbst angezeigt hat, mit dem er offenbar Kapitalertragssteuer in Millionenhöhe hinterzogen hat. Angela Merkel hatte den Rat des Meistermachers und Würstchenfabrikanten geschätzt. »Viele Menschen sind jetzt enttäuscht von Uli Hoeneß, die Bundeskanzlerin zählt auch zu diesen Menschen«, ließ Regierungssprecher Steffen Seibert wissen.

Die SPD, die in Sachen Einkommensgerechtigkeit bei den Wählern bisher dank ihres Spitzenkandidaten nicht den allerbesten Stand hatte, weidet das Thema Hoeneß nun genüsslich aus. Ihr Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier will das Verhältnis von Uli Hoeneß zur bayerischen Landesregierung im Bundestag diskutieren: »Warum hat sich der bayerische Ministerpräsident so sehr für das Steuerabkommen mit der Schweiz engagiert? Wurde Hoeneß aus der bayerischen Landesregierung über den Stand der Verhandlungen über das Abkommen informiert?«

Der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Sven Giegold, nennt die Debatte um die moralische Schuld des Uli Hoeneß Heuchelei: »Es war in Deutschland fast ein Teil der Unternehmenskultur, sein Geld in die Schweiz, nach Liechtenstein oder Luxemburg zu schaffen. Über Jahrzehnte gab es viele Vermögende, die es richtig fanden, sich arm zu rechnen. Das war ein politisch gedecktes Massenphänomen«, sagte Giegold gegenüber »nd«.

»Uli Hoeneß warnte einst, die Reichensteuer der LINKEN würde Superreiche zwingen, ihr Geld in die Schweiz zu bringen. Nun steht fest: Das tun sie auch ohne Reichensteuer«, mit diesen Worten kommentierte Sahra Wagenknecht, stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, die Debatte um die mutmaßliche Steuerhinterziehung.

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