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Stralsund: Zeuge berichtet über Konzessionsstreit

  • Lesedauer: 3 Min.
Diebstahl von Möbeln, Falschgeldvorwürfe und böse Beschuldigungen - im Stralsunder Fischbrötchengeschäft ist nach Angaben eines Zeugen mit harten Bandagen gekämpft worden. Auch die Oma des Hauptangeklagten war offenbar involviert.

Stralsund (dpa/nd). Im Prozess um den sogenannten »Fischbrötchen-Krieg« in Stralsund (Mecklenburg-Vorpommern) hat am Dienstag ein Zeuge die Angeklagten belastet, sich aber auch in zeitliche Widersprüche verwickelt. Der Hauptbelastungszeuge der Staatsanwaltschaft gab an, den 29-jährigen Angeklagten Anfang Juli 2012 - am Morgen des Anschlags auf Stralsunds Vize-Oberbürgermeister Dieter Hartlieb - in die Hansestadt gefahren und dort wieder abgeholt zu haben. Einen Tag später bei einer Autofahrt mit dem 34-jährigen Hauptangeklagten habe er erfahren, dass er den 29-Jährigen offenbar zum Anschlag auf Hartlieb gebracht habe, der an diesem Morgen brutal zusammengeschlagen worden war.

Angriff mit Buttersäure

Der Zeuge, ein 25-jähriger Mann aus Demmin, hatte sich Anfang Oktober 2012 der Polizei offenbart, nachdem er von dem Hauptangeklagten erpresst worden sein soll. Seit seiner umfassenden Aussage ist er im Zeugenschutzprogramm. Die Angeklagten - drei 29, 33 und 34 Jahre alte Männer - schwiegen bislang zu den Vorwürfen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen gefährliche Körperverletzung und Brandstiftung vor. Neben dem Anschlag auf den Vize-OB sollen sie für eine im Stralsunder Bauamt gelagerte Bombenattrappe verantwortlich sein. Auch davon will der Zeuge vom 34-Jährigen erfahren haben.

Die Staatsanwaltschaft vermutet hinter diesen Angriffen sowie Brandanschlägen auf einen Fischkutter, ein Auto und einen Buttersäureangriff auf ein Hotel einen gewaltsam ausgetragenen Streit um Konzessionen für den Betrieb von Fischverkaufskuttern im Stralsunder Hafen. Hartlieb ist mittelbar für die Vergaberichtlinien zuständig. Die Stadt hatte die Vergabe der begehrten Konzessionen nach der Eröffnung des Ozeaneums mit seinen mehr als 600 000 Besuchern pro Jahr neu geregelt. Die Konzessionen wurden auf ein Jahr befristet. Zudem sollten mehr Kutter, auch von außerhalb, zugelassen werden, um den »Lukrativitätsdruck« zu nehmen und Monopolbildungen zu verhindern.

Der Zeuge aus Demmin, der als Handlanger für den Hauptangeklagten tätig war, gab in seiner umfassenden Aussage Einblick in die offenbar kriminellen Praktiken um den Betrieb von Fischverkaufskuttern in der Hansestadt. Der Hauptangeklagte habe offenbar Schulden bei dem Freund einer Betreiberin von Verkaufskuttern und Restaurants gehabt.

Der Demminer berichtete, dass er im Auftrag des Hauptangeklagten und mittelbar im Auftrag des Freundes der Stralsunder Fischkutter-Betreiberin Terrassenmöbel von einem Golfplatz in Travemünde gestohlen habe. Zudem sollte er im Auftrag desselben Mannes einen Streit beim Fischbrötchen-Konkurrenten Gosch über die angeblich schlechte Qualität von dessen Ware entfachen. Er habe sich aber geweigert.

Der Auftritt der Oma

Der Zeuge berichtete außerdem, von dem Buttersäureangriff auf das Hotel eines Mannes gewusst zu haben, der sich um Fischverkaufskonzessionen bewerben wollte. Darüber hinaus hätten die Hintermänner versucht ihn anzuwerben, um im Auftrag der Männer Falschgeld in Umlauf zu bringen. Der Polizei sollte er dann erzählen, dass das Falschgeld von Konkurrenten stamme.

Das Gericht vernahm zudem die 75-jährige Oma des Hauptangeklagten. Eine Schriftsachverständige hatte zuvor festgestellt, dass die Rentnerin die gegen den früheren Bauamtsleiter gerichtete Drohung auf den Sprengstoffkarton geschrieben hatte. Die Rentnerin verweigerte eine Aussage.

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