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IM-Zahlen: 1 + 1 + 1 = ? Ganz viele!

Regierung rechnet Statistik über frühere Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit hoch

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.

Wie viele haben wirklich für die »Stasi« gearbeitet? Auch fast ein Vierteljahrhundert nach Auflösung des DDR-Geheimdienstes besteht insbesondere über die Anzahl der sogenannten Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) keine Klarheit. Gegenüber dem Bundestag erklärte die Behörde im jüngsten Tätigkeitsbericht (Drucksache 17/4700), dass 1989 rund 280 000 Menschen bei der Stasi beschäftigt waren. 91 000 hauptamtlich und 189 000 inoffiziell. In der Bundesrepublik und Westberlin sollen zuletzt 3000 bis 3500 Stasileute spioniert haben.

Zwei Jahre nach der letzten Bundestagsunterrichtung erschien im Februar 2013 ein Buch mit dem Titel »Stasi Konkret«. Autor ist Ilko-Sascha Kowalczuk. Der Historiker ist seit 2001 in der Abteilung Bildung und Forschung beim Stasi-Bundesbeauftragten tätig, Er kommt in Sachen IM zu anderen Zahlen. Statt 189 000 kommt er bei seiner Addition »nur« auf 109 000. Im Operationsraum Bundesrepublik Deutschland und Westberlin ergaben seine Forschungen »nur« etwa 2000 MfS-Leute.

Für die Gesamtbewertung mögen die Differenzen nicht gravierend sein. Für die Forschung und den Druck von Schulbüchern wäre Exaktheit schon wünschenswert. Also fragte der Innenexperte der Linksfraktion im Bundestag, Jan Korte: Was stimmt denn nun? Distanziert sich die Behörde von bisherigen Zahlen?

Selbstverständlich nicht. Doch Bernd Naumann, Regierungsbeauftragter für Kultur und Medien, kommt gehörig ins Schwimmen. Alles lange her, die Aktenverluste, man ist auf Hochrechnungen angewiesen und ob die MfS-Leute der Hauptverwaltung Aufklärung schon mitgezählt sind im Bestand ihres Ministeriums? Zudem: »Bei der Betrachtung des Themas Inoffizielle Mitarbeiter des MfS insgesamt ist zu berücksichtigen, dass sich die Herangehensweise an den Begriff des Inoffiziellen Mitarbeiters aus wissenschaftlicher Sicht und die gesetzmäßige Verwaltung und Herausgabe von Informationen aus den MfS-Unterlagen ... grundsätzlich von einander unterscheiden.« Zwar habe der Autor - der für das Buch keine neu recherchierten Akten eingesehen hat - sein Manuskript vorgelegt, doch da es sich »ausdrücklich nicht um eine Publikation der Behörde ... handelt, gab es keine Veranlassung für die Durchführung von Prüfungsverfahren ...«

So bleibt es wohl in Ewigkeit dabei: 1 + 1 + 1= ganz viele.

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