Tunesische Zukunftssuche

Roland Etzel über die Gewalt in Tunesien

  • Lesedauer: 2 Min.

Tunesien war Auslöser des sogenannten Arabischen Frühlings, als Anfang 2011 Demonstranten, der Polizei trotzend, sich nicht von der Straße treiben ließen und so den Präsidenten in die Flucht schlugen. Verglichen mit den blutigen Machtkämpfen, die danach in anderen arabischen Staaten einsetzten und in Syrien ohne Aussicht auf ein baldiges Ende sind, war der Regimewechsel in Tunis ausgesprochen friedlich.

Ein evolutionärer Prozess von der straffen Diktatur Ben Alis, die innerhalb der muslimischen Welt als ungewöhnlich religionsfern bezeichnet werden muss, zur demokratischen (halb)-islamischen Republik ist das Ziel, aber ohne Vorbild in der Region. Dazu kommt, dass nur wenige der derzeit Regierenden über nennenswerte staatspolitische Erfahrung verfügen. Und schließlich ist da die ungelöste Machtfrage in einer Gesellschaft zwischen zwei Polen: hier die relativ gut ausgebildete, aber - daran gemessen - äußerst perspektivarme Jugend der Städte; dort die religiös geprägte Bevölkerungsmehrheit.

Beide Lager einte der Hass auf Ben Ali, der hilft heute zu keinem Konsens mehr. Denn die neuen Gesellschaftsmodelle der einen wie der anderen Seite sind nicht kompatibel. Es mag Personen in der Regierung geben, die da einen Kompromiss suchen. Aber nach einigen politischen Morden in jüngster Zeit herrscht Misstrauen. Da kann jede unsensible Staatsentscheidung - und eine solche war das alternativlose Verbot des Kongresses vom Sonntag - zum Ausbruch von Gewalt führen.

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