Tornado macht US-Stadt zum Trümmerfeld

Mehr als 20 Tote nach zerstörerischem Wirbelsturm in Oklahoma

  • Sebastian Moll, New York
  • Lesedauer: 3 Min.
Der verheerende Tornado, der am Montag den USA-Bundesstaat Oklahoma heimsuchte, hat mehr als 20 Menschenleben gekostet und riesige Schäden angerichtet. Das hätte man mit vorbeugenden Maßnahmen eingrenzen können. Doch angesichts der Größe des gefährdeten Gebiets ist Prävention nicht wirtschaftlich. Zudem ist die Bevölkerung zu sorglos.

Es war nicht einmal eine Minute. So lange fegte am Montag der schreckliche Tornado durch Moore, einen Vorort von Oklahoma City und doch stand danach in seiner Bahn nichts mehr, was als menschliche Behausung zu erkennen ist. Wo noch am Morgen Schulen, Wohnhäuser und Geschäfte waren, konnte man nun nur noch Berge von Schutt erkennen. Mindestens 24 Menschen sind umgekommen, darunter zahlreiche Kinder. Zunächst hatten die Behörden offiziell von 51 und manche Medien von mehr als 90 Toten gesprochen.

Keine der Strukturen, die in Moore in die Fänge des tödlichen Wirbelwindes gerieten, waren darauf ausgelegt, seiner mörderischen Kraft zu widerstehen. Nicht einmal das Krankenhaus von Moore war stabil genug gebaut, um seinen Patienten Sicherheit zu bieten. Nun fragen sich nicht wenige, warum man in einer Gegend, in der Tornados zum Leben gehören wie Erdbeben in Kalifornien oder Hurrikane in Florida, nicht besser vorbereitet war.

Die Antwort ist eine rein statistische. Das Gebiet, das man in den USA als »Tornado Alley« bezeichnet, als Tornado-Allee, ist Tausende Kilometer breit. Die »Great Plains«, das riesige Flachland von den Rocky Mountains bis zu den Appalachen umfasst Dutzende von Staaten und Tausende von Städten und Gemeinden. Und sie sind alle gleichermaßen gefährdet.

Tornados haben derweil die Angewohnheit, sehr lokal zuzuschlagen. Stürme der Kategorie fünf, wie der von Moore oder der, der im vergangenen Jahr die Stadt Joplin in Missouri verwüstete, richten ihr grausiges Werk meist nur in einem sehr begrenzten Areal an. Eine Gegend von der Größe halb Mitteleuropas tornadosicher zu bebauen, wäre deshalb wirtschaftlich unsinnig.

Experten schätzen die Wahrscheinlichkeit, dass in der Tornado Alley ein einzelnes Wohnhaus von einem Wirbelsturm zerstört wird auf circa eins zu 5000. Die einzigen Strukturen, die in dieser Gegend absolut tornadofest gebaut werden, sind deshalb Kernkraftwerke und Abschussrampen für Atomraketen. Dem Durchschnittsamerikaner im Mittleren Westen hingegen bleibt nichts anderes übrig, als mit dem Risiko zu leben.

Eine Möglichkeit, sich zu schützen, gibt es allerdings trotzdem. Die nationale Katastrophenbehörde FEMA vergibt in der Tornado Alley Zuschüsse, um tornadosichere Schutzräume zu bauen. Da Tornados gewöhnlich eine relativ große Vorwarnzeit haben, können sich die Menschen, die in ihrer Bahn leben, theoretisch schnell genug in diese Räume begeben. Da der Bau solcher Räume in den Vereinigten Staaten nicht vom Gesetz vorgeschrieben ist, ist die »Tornado Alley« jedoch alles andere, als flächendeckend mit Schutzräumen ausgestattet. In Oklahoma zum Beispiel wurden in den vergangenen 15 Jahren lediglich 6000 solcher Räume gebaut. In einem Staat mit beinahe vier Millionen Einwohnern, eindeutig zu wenig.

Allerdings werden diese Räume auch dort, wo sie existieren, nur selten genutzt. Grund dafür ist, dass Tornados von der Stärke des Sturms vom Montag ausgesprochen selten sind. Während der Tornadosaison können durch bestimmte Gegenden Dutzende von Tornados fegen, die meisten von ihnen richten jedoch nur sehr begrenzte Zerstörungen an. Viele Menschen bringen sich deshalb gar nicht erst in Sicherheit, wenn die Radio- und Fernsehstationen Tornadowarnungen aussprechen. Wie man in Moore gesehen hat, kann das ein Fehler mit tragischen Folgen sein.

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