Linkspartei fordert Aussetzung der Schuldenbremse

Schäuble setzt trotz Merkel-Versprechen und Fluthilfen auf Schuldenabbau / SPD kritisiert Pläne des Finanzministers: »Auf Sand gebaut«

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Berlin (Agenturen/nd). Ungeachtet der zusätzlichen Belastungen durch die Hochwasser-Katastrophe will die Bundesregierung im kommenden Jahr einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Die Neuverschuldung soll 2014 auf 6,2 Milliarden Euro sinken, wie am Samstag aus Kreisen des Finanzministeriums verlautete. Strukturell - das heißt, nach Abzug von Einmalzahlungen und Konjunktureffekten - soll dann sogar die schwarze Null erreicht sein.

Die ab 2015 in Aussicht gestellten Überschüsse sollen dann ausschließlich zum Schuldenabbau genutzt werden. Schließlich hatte der Bund bis Ende März Altlasten von mehr als 1,1 Billionen Euro angehäuft - mit noch steigender Tendenz. Die Union hat in ihrem Wahlprogramm aber mehr Geld für Rentner, Familien oder den Straßen- und Schienenbau versprochen. Dafür dürfte ein zweistelliger Milliardenbetrag fällig werden.

Bei der Opposition stoßen die Pläne auf Kritik. SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider kritisierte: „Die Planung des Finanzministers ist auf Sand gebaut.“ Schäuble habe es versäumt, die vergangenen Jahre für eine strukturelle Konsolidierung zu nutzen, um früher ohne neue Schulden auszukommen. Das Wirtschaftswachstum schwäche sich deutlich ab, und auch die Zinsen werden laut Schneider nicht dauerhaft niedrig bleiben: „Für diese offensichtlichen Risiken gibt es keinerlei Puffer.“ Die gut gefüllten Sozialkassen seien Reserven, die dringend nötig seien.

Linksparteichef Bernd Riexinger sagte dem „Tagesspiegel“, die Bundesregierung plane „im Kern, die Milliarden für die Fluthilfen an anderen Stellen wieder einzukürzen. Das ist ein Nullsummenspiel ohne Wert.“ Die sauberste Lösung sei eine Aussetzung der Schuldenbremse per Bundestagsbeschluss in der nächsten Woche. Dies würde das Grundgesetz bei Naturkatastrophen erlauben.

Der Entwurf für den Bundeshaushalt 2014 und die Finanzplanung für die Jahre bis 2017 sollen am Mittwoch im Kabinett verabschiedet werden. Ebenfalls beschlossen wird dann der Nachtragshaushalt für dieses Jahr, der zur Finanzierung des mit acht Milliarden Euro ausgestatteten Fluthilfe-Fonds nötig geworden war. Die Neuverschuldung steigt hierfür um genau acht Milliarden auf 25,1 Milliarden Euro. Um diesen Betrag steigen auch die Ausgaben 2013 auf dann 310 Milliarden Euro.

Ungeachtet dieser zusätzlichen Belastungen soll die Neuverschuldung nach dem Willen der Bundesregierung bis 2015 vollständig abgebaut werden. In dem Jahr soll demnach erstmals seit 40 Jahren sogar ein Überschuss von 200 Millionen Euro erzielt werden, wie es in den Kreisen hieß. Bis 2017 soll dieser auf 9,6 Milliarden Euro anwachsen. Die Überschüsse sollten in die Tilgung jener Schulden investiert werden, die während der Finanz- und Wirtschaftskrise aufgenommen worden waren.

Den Ministeriumskreisen zufolge rechnet die Bundesregierung im kommenden Jahr mit weiter steigenden Steuereinnahmen. Diese sollen von erwarteten 260,6 Milliarden Euro 2013 auf 268,7 Milliarden Euro ansteigen. Die Ausgaben sollen von 310 Milliarden in diesem Jahr auf 295,4 Milliarden Euro absinken. Schäuble setzt zudem darauf, dass er sich derzeit äußerst günstig Geld am Kapitalmarkt beschaffen kann. Die Zinsausgaben konnten 2014 gegenüber dem bisherigen Finanzplan um 5,2 Milliarden Euro gesenkt werden. Zugleich zapft Schäuble die Überschüsse der Sozialkassen an: Der Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds wird wegen der dortigen Rücklagen um 3,5 Milliarden gekürzt. Schließlich mussten alle Ressorts die Mehrkosten durch das Betreuungsgeld auffangen.

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