Kleine Zarin

Marina Berlusconi soll ihren Vater auch politisch beerben

  • Julius Müller-Meiningen, Rom
  • Lesedauer: 2 Min.

Wird es eng für den Vater, dann lässt der Ruf nach der Tochter nicht lange auf sich warten. Das war schon 1994 so, als Silvio Berlusconi mit seinem Eintritt in die Politik gezwungen war, offiziell die Führung seiner Firmen abzugeben. Schritt für Schritt übernahm seine erstgeborene Tochter Marina die Regie in der Familienholding Fininvest, deren Leitung sie 2005 übernahm. Und jetzt, nach seiner Verurteilung zu sieben Jahren Haft, soll sie auch das politische Erbe ihres Vaters antreten. Ob ihr Dementi ernst zu nehmen ist? »Kleine Zarin« oder »Presslufthammer« wird die 46-jährige Mailänderin auch genannt; ihre Durchsetzungskraft ist legendär. Eine Frau, zudem Unternehmerin, Trägerin des Namens Berlusconi, diese Kombination halten viele in der Partei »Volk der Freiheit« (PdL) für eine ausgezeichnete Ausgangsposition, um Erfolg bei den Wählern zu haben.

Nächstes Frühjahr könnte der Ex-Premier in letzter Instanz wegen Steuerbetrugs verurteilt werden und müsste alle öffentlichen Ämter abgeben. Die große Fininvest-Holding, die u.a. den Medienkonzern Mediaset, den Mondadori-Verlag, eine Versicherungsgruppe, einen Filmverleih und den AC Mailand umfasst, ist wirtschaftlich in Schwierigkeiten. Die Entscheidung für Marina, das älteste der fünf Kinder Berlusconis, soll bei einem der wöchentlichen Abendessen in der Familie gefallen sein. Kolportiert wird auch, die Fininvest-Chefin bereite sich in Kursen auf ihre neue Aufgabe vor.

Als Unternehmerin genießt Marina Berlusconi Respekt. Als »Powerfrau« schmückte sie einst das US-Magazin Fortune, in den Ranglisten der mächtigsten Wirtschaftsführerinnen liegt sie auf den vorderen Plätzen, in Italien ist sie Nummer eins. Als Fininvest-Vorsitzende kontrolliert sie 300 Firmen mit 20 000 Mitarbeitern, und das alles ohne Studienabschluss. Ein Jura- sowie ein Politikstudium brach sie ab; sie lernte, indem sie ihrem Vater und dessen Freunden bei der Arbeit über die Schulter schaute. Das Verhältnis der beiden wird als exzellent beschrieben - gemeinsam haben Vater und Tochter auch ihre Vorliebe für die Schönheitschirurgie.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal